![]() VILLINGEN-SCHWENNINGEN Kontaktstelle für traumatisierte Flüchtlinge
Ernst-Ludwig Iskenius
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Die Rückkehr der Flüchtlinge in den
Kosovo hat begonnen. Die Kosovo-Albaner machen in unserer Region eine der
größten Flüchtlingsgruppen aus. Die Rückkehr soll
nach dem Willen der Landesregierung bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.
Die Umsetzung durch die unteren Verwaltungsstellen wird mit finanziellen
Anreizen, Druck, Drohungen und bisher mit vereinzelten Abschiebungen durchgeführt.
Viele Menschen kommen deshalb zur Rückkehrberatung in unser Büro,
um sich zu informieren. Manche haben wegen der langen Abwesenheit von ihrer
Heimat nur vage Vorstellungen über die tatsächliche Situation
dort, neue Ängste und Unsicherheiten treten auf, es gibt auch Verzweiflung,
weil sich die Betroffenen zum jetzigen Zeitpunkt eine Rückkehr (noch)
nicht vorstellen können. Leider ist, wie bei den bosnischen Flüchtlingen,
eine sogenannte Informationsfahrt nicht vorgesehen.
Eine freiwillige Rückkehr aus einem oft jahrelangen
Exil ist ein komplizierter Prozeß; dieser wird beeinflusst durch
äußere Bedingungen, persönliche Veränderungen während
der Exilzeit sowie die individuelle psycho-soziale Situation der einzelnen
Rückkehrer. Dies gilt besonders für traumatisierte Flüchtlinge.
Den schwierigen Anforderungen, denen diese Menschen ausgesetzt sind, werden
die Erlasse und Verwaltungsvorschriften häufig nicht gerecht. Es bedarf
häufig zusätzlicher Unterstützung, Ermutigung und Verständnis
für den zu bewältigenden Prozeß bei dieser Rückkehr,
damit diese Menschen nicht überfordert werden.
Ziel unserer Reise war es, an Hand von konkreten
Beispielen die Bedingungen im Kosovo kennenzulernen, mit denen Flüchtlinge,
die aus Deutschland zurückkehren, konfrontiert werden. Damit wollen
wir unsere Rückkehrberatung und manchmal -begleitung für die
Betroffenen ein wenig effektiver machen. Im einzelnen wollten wir
2. an Hand von konkreten Beispielen gelungene, aber auch nicht gelungene Rückkehr dokumentieren,
3. Bedingungen und Voraussetzungen für eine Rückkehr in Sicherheit und Würde herausfinden,
4. sowie festzustellen, welche Unterstützung und Hilfen für Rückkehrer sinnvoll und effektiv sind.
Unser Reiseweg in den Kosovo entsprach in etwa
dem, den viele Rückkehrer auf dem Landweg in den nächsten Monaten
nehmen werden: Mit dem Auto wurden wir von einem Kosovo-Albaner, der ein
unbegrenztes Aufenthaltsrecht in Deutschland hat, von Villingen, über
Venedig, mit dem Schiff nach Griechenland, von dort über Mazedonien
in den Kosovo mitgenommen, insgesamt eine Fahrt von 60 Stunden (einschließlich
Überfahrt mit dem Schiff). Unterwegs sahen wir eine Reihe von schwer
bepackten Autos, die Möbel, Werkzeug und anderes Gerät zu ihren
Familien in den Kosovo brachten oder selbst zurückkehrten. Der fünfstündige
Aufenthalt an der Grenze von Griechenland nach Mazedonien (zwischen Florina
und Bitola) gab uns nur einen Vorgeschmack davon, was sich in den nächsten
Monaten an dieser Grenze abspielen wird. Zügiger verlief die Abfertigung
durch die Kfor an der mazedonisch-kosovarischen Grenze, wobei der Kfor-Soldat
uns fragte, was denn los sei, er habe heute schon 300 Autos aus Deutschland
abfertigen müssen.
Im Kosovo selbst besuchten wir acht Familien, wovon fünf bereits zurückgekehrt waren und in drei Familien sollten wir die Rückkehrbedingungen untersuchen. Obendrein sprachen wir in Pristina mit IOM (International Organization for Migration), dem Informationsbüro der Caritas und der Diakonie, dem Internationalen Roten Kreuz (IRK), der Hilfsorganisation ADRA (Adventist Development and Relief Agency), die für die Obdachlosen zuständig ist, sowie mit Kinderberg e.V., einer deutschen Hilfsorganisation, die sich schon seit 3 Jahren um die Verbesserung im Gesundheitsbereich im Kosovo bemüht und mit der wir seit langem in Kontakt sind. Wir besuchten obendrein die Krankenhäuser in Prizren und in Pristina. Leider war die zuständige Person für den Wiederaufbau bei UNHCR nicht zu sprechen.
Die Rückreise verlief in einem Bus über
Mazedonien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Österreich nach Deutschland,
insgesamt ungefähr 50 Stunden. Diese Route nehmen viele in Deutschland
lebende Gastarbeiter aus dem Kosovo wahr.
Am auffälligsten sind die vielen Autos auf
den Straßen. Die wenigsten haben ein Nummernschild und wurden schwarz
eingeführt. Während im letzten Jahr viele Menschen entlang der
meist leeren Straßen zu Fuß liefen, sind diese Fußgänger
in diesem Jahr verschwunden. Es gibt noch keine veröffentlichte Statistik
über die Verkehrsunfälle, mehrere Leute haben uns aber bestätigt,
dass die Unfallrate erheblich gestiegen sei. Die schlechten Straßen
sind diesem Verkehr nicht mehr gewachsen, neben dem Privatverkehr sind
es die vermehrten Lastwagen, die Waren aus allen Teilen Europas herankarren,
und die Autos der ausländischen Organisationen und der Militärs.
Es fehlen Polizisten, die Führerscheinkontrollen durchführen
und Geschwindigkeitsübertretungen ahnden könnten. Die internationale
Verwaltung (UNMIK) will diesem Problem einen Riegel vorschieben, indem
sie ab Mai die Registrierung einführen möchte und dementsprechend
auch Geld verlangen wird. Ob dann der Kosovo aufhören wird, Abladeplatz
für Schrottautos aus Westeuropa zu werden, wagen wir allerdings noch
zu bezweifeln. Die neue Bewegungsfreiheit, und sei sie nur auf den Kosovo
beschränkt, wird von vielen Menschen genossen.
Das zweite auffällige Merkmal ist der Wiederaufbau der Häuser. Überall sieht man neu gemauerte Häuser, ausgebesserte Frontmauern und neue Rohbauten. Dies ist nicht allein auf Aktivitäten von Hilfsorganisationen zurückzuführen, sondern viele, die über eine oft nur kleine Summe Geld verfügen, meist mit Unterstützung aus dem Ausland, haben begonnen, ihre zerstörten Häuser wieder herzurichten. Wessen Haus bis auf die Grundmauern zerstört worden ist, wer kein Geld hat, nicht über entsprechende Verbindungen im Ausland verfügt und Hilfsorganisationen sich nicht um das betreffende Dorf bemühen, ist schlecht dran (siehe auch unter Beschreibung von Familien). Die Obdachlosigkeit ist deshalb bisher als nicht allzu großes Problem sichtbar geworden, weil die Familien und Verwandten bzw. Freunde äußerst eng zusammengerückt sind, die noch heilgebliebenen Wohnungen, vor allem in den größeren Städten, völlig überfüllt sind und viele sich der Hoffnung hingeben, jetzt mit dem Wiederaufbau zu beginnen. Baumaterial scheint zur Zeit noch genügend vorhanden zu sein, UNHCR warnt aber vor einem Mangel in diesem Jahr, weil nicht schnell genug nachgeliefert werden könnte. Diese an sich erfreuliche Entwicklung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotzdem eine Reihe von Menschen zur Zeit nicht in der Lage ist, das zerstörte Haus wieder zu errichten. Häuser, die von Serben und anderen Minderheiten verlassen wurden, sind entweder zerstört oder von Albanern okkupiert.
Die Knappheit von Wohnraum wird vor allem in Pristina sichtbar. Dort ist die Stadt innerhalb eines Jahres von 250 000 Einwohnern auf über 400 000 Einwohner angestiegen und es kommen jeden Tag mehr Menschen. Man sieht dieser Stadt förmlich an, dass sie aus allen Nähten platzt. Das versetzt sie in einen zusätzlichen sozialen Stress, der sich auch im Ellenbogenverhalten der Menschen widerspiegelt. Verschärfend kommt hinzu, dass jede der über 300 NGO’s (Non-Governmental Organizations) Häuser zu horrenden Mietpreisen benutzt, die deshalb für Wohnungslose nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Stadt, im letzten Jahr schon verlottert, verkommt in Müll und Staub. Dagegen sind andere Orte, z.B. Prizren oder Kamenica zusammen mit den ausländischen Streitkräften aufgeräumt, die Müllbeseitigung organisiert und der Schutt weggeräumt.
Die Verwaltung der UNMIK und ihrer angegliederten
UN-Organisationen wie UNHCR, UNICEF und WHO haben nur wenig direkten Kontakt
mit den von ihnen zu verwaltenden Menschen. Die meisten Menschen wissen
nicht, wie sie in Kontakt zur UNMIK-Verwaltung treten können. Zwar
soll es auf jeder Ortsebene Verbindungsbüros und -komitees von Albanern
geben, diese funktionieren allerdings sehr unterschiedlich und inwieweit
sie wirklich eine Lobbyfunktion für die Bedürfnisse der kosovarischen
Bevölkerung gegenüber der UNMIK-Verwaltung ausüben können,
konnten wir nicht genau herausfinden. Wir haben allerdings häufig
erleben müssen, wie hilflos und ohne Informationen die Menschen waren,
wenn wir sie auf die UNMIK-Verwaltung ansprachen. Auch die ausländischen
NGO’s sind oft eher eine Nebenverwaltung zur etablierten UNMIK als ein
Verbindungsglied zur inländischen Bevölkerung.
Vor Ort haben wir uns bei den zuständigen
Organisationen erkundigt, was mit den Flüchtlingen nach Ankunft am
Flughafen passiert. Zunächst werden sie von IOM (International Organization
for Migration ) am Flughafen abgeholt und zum IOM-Büro nach Pristina
gefahren, wo sie das Geld für die Rückkehr in Empfang nehmen
können. Von dort werden sie zu UNHCR gebracht und von da aus in ihre
jeweiligen Heimatorte transportiert. Ist ihr Haus zerstört, stellt
UNHCR ein Zelt auf ihrem Grundstück zur Verfügung. Wir mussten
feststellen, dass die Rückkehrorganisation von IOM und UNHCR gut funktioniert.
Was passiert aber mit den Rückkehrern, die kein Haus und auch keine Verwandten haben, bei denen sie untergebracht werden können?
Da vor unserer Reise ein junger Mann in unserem Büro war, der seine ganze Familie vermisst und dessen ganzes Dorf zerstört wurde, wollten wir wissen, wo dieser Mann nach der Rückkehr leben sollte. Wir erhielten die Adresse von der Hilfsorganisation ADRA (Adventist Development and Relief Agency), welche in Pristina für die Unterbringung der Obdachlosen zuständig ist. Wir wurden sehr freundlich empfangen und man zeigte uns ein Shelter-camp für obdachlose Rückkehrer.
Was wir dort sahen war erschreckend. In einem ehemaligen
Rindermastbetrieb leben in einem Stall ca. 150 Menschen. In den Boxen stehen
25 Zelte, die von UNHCR zur Verfügung gestellt wurden. Es gibt 2 Öfen
zum Kochen und eine Dusche für alle Personen. Sechs solcher Stallgebäude
gibt es auf dem Gelände. Außerdem ist das Areal von einem hohen
Zaun umgeben und ein Pförtner öffnet jedes Mal das Tor, wenn
jemand passieren möchte. Das nächste Dorf ist 2 km entfernt und
für die Schulkinder täglich ein weiter Weg. Die Menschen, die
dort leben, wissen überhaupt nicht, wie lange sie dort bleiben müssen.
Keine Hilfsorganisation kümmert sich um dieses Camp. Für die
vielen Kinder gibt es keine psychosoziale Versorgung. Auch für die
Frauen, die vorwiegend dort untergebracht sind, gibt es weder Ansprechpartner
von außen noch Möglichkeiten für soziale Aktivitäten.
Das einzige, was diese Menschen tun können, ist warten. Die meisten
haben schlimme Erlebnisse hinter sich, bei allen ist das Haus zerstört.
Einmal in der Woche kommt ein Militärarzt der Kfor in dieses Camp,
um die allernötigste medizinische Versorgung zu gewährleisten.
Es ist uns nicht klar, wie Kinder und Frauen durch einen solchen Arzt adäquat
versorgt werden können. Es muß damit gerechnet werden, dass
alle Rückkehrer aus Deutschland, die nicht bei ihren Verwandten oder
Freunden unterkommen können, in einem solchen ehemaligen Rinderstall
untergebracht werden. Dafür sind die noch leerstehenden Stallgebäude
bereits eingerichtet.
Die von serbischen Ärzten verlassenen Gesundheitsinstitutionen
wie Kranken- häuser, Ambulatorien oder Gesundheitsposten sind von
albanischen Ärzten weitgehend übernommen worden. Allerdings verdienen
die Ärzte/Ärztinnen in der Regel nur zwischen 300,- DM und 450,-
DM, womit sie in der Regel nicht ihre Familien ernähren können.
Deshalb gehen viele noch einer privaten Praxis nach, wofür die Menschen
allerdings selbst bezahlen müssen. Basismedikamente sind in der Regel
in ausreichendem Maß vorhanden, dagegen fehlen teure spezielle Medikamente
wie Zytostatika, Erythropoetin etc. Nach wie vor werden Herzpatienten und
Tumorpatienten ausgeflogen, es gibt z.T. enge Kooperationen mit verschiedenen
Zentren im westlichen Ausland. Dagegen sind die baulichen und die medizintechnische
Geräteausstattung noch weit hinter dem mitteleuropäischen Standard.
Allerdings sind die Begehrlichkeiten bezüglich der Ausstattung verständlicher
Weise groß, haben doch die meisten Ärzte in Belgrad, Zagreb
oder gar im westlichen Ausland studiert oder kennen unsere Ausstattung
theoretisch aus Büchern. Allerdings haben viele Ärzte nicht die
nötige Praxiserfahrung, waren sie doch unter den Bedingungen der Apardheit
seit über 10 Jahren aus den Gesundheitsinstitutionen verdrängt
und mussten sich im völlig unterausgestatteten Parallelsystem bewegen.
Als zusätzliches Problem kommt noch hinzu, dass die meisten Ärzte/Ärztinnen
Spezialisten sind und wenig Interesse an einer funktionierenden Basismedizin
haben. Die Allgemeinärzte sind nicht sehr hoch angesehen, und jeder
versucht, möglichst in der Stadt unterzukommen. Viele Dörfer
sind von Ärzten verwaist, die Hilfsorganisationen können dies
mit ihren vorübergehenden mobilen Kliniken nicht kompensieren; Patienten
müssen oft weite Wege zurücklegen, um zum Arzt zu kommen, die
Straßen außerhalb der Hauptverkehrswege sind sehr schlecht;
wer kein Auto hat, ist häufig schlecht dran und geht erst gar nicht
zum Arzt.
Wir besuchten die Pädiatrie, die Infektionsstation und die Dialysestation im Krankenhaus in Pristina. Dies gilt als Universitätskrankenhaus, Studenten werden ausgebildet. Die Pädiatriestation schaut sehr viel freundlicher als im letzten Jahr, als ich sie zuletzt besuchte. An einigen Wänden waren Bilder gemalt, es gab einen Raum mit Spielzeug für die Kinder. Schwestern kümmerten sich um die kranken Kinder, was letztes Jahr noch keine Selbstverständlichkeit war. Bis auf die Infektionskrankheiten, werden die kranken Kinder auf dieser Station behandelt, allerdings sah ich keine kleinen chirurgischen Patienten. Eine kinderpsychiatrische Abteilung sei im Aufbau, bisher machte diese Arbeit lediglich ein einziger Kinderarzt mit, der sich für die Kinderpsychiatrie interessiert. Mit traumatisierten Kindern habe man keine Erfahrung, ein flächendeckendes Behandlungsnetz sei noch nicht einmal in Ansätzen vorhanden.
Die Infektionsstation machte wie im letzten Jahr einen sehr geschäftigen Eindruck. Fast 50% der Patienten sind Kinder und es werden sehr schwere akute Krankheitsbilder wie schwere eitrige Gehirnhautentzündungen oder tuberkulöse Meningitis nach westlichem Standard mit Erfolg behandelt. Die Dialysestation ist voll ausgelastet, die Maschinen sind eher alt und fallen auch mal aus. In der Regel sei der Nachschub an Basismaterialien gesichert, es kann aber auch mal zu Engpässen mit der Dialyseflüssigkeit kommen. Spezielle Medikamente sind allerdings nicht vorhanden und können, falls die Patienten sie nicht selbst mitbringen, nicht verabreicht werden.
Wir diskutierten mit dem Chefarzt der Abteilung die Möglichkeiten einer Nachbehandlung für Nierentransplantierte. Diese Nachbehandlung und entsprechende Laborkontrollen seien zur Zeit noch nicht möglich, man hoffe, in einigen Jahren so weit zu sein. Erfahrungen mit Nierentransplantierten habe er persönlich in etwa 50 Fällen.
Bisher kann von einer flächendeckenden Behandlung traumatisierter Menschen im Kosovo keine Rede sein. Die ausländischen NGO’s tun sich schwer, die westlichen Behandlungskonzepte zu etablieren, es gibt nur wenige einheimische Ärzte, die sich bisher mit dieser Problematik auseinandergesetzt haben. Rückkehrer, die an einem PTSD leiden, erfahren zur Zeit in der Regel keine Unterstützung und keine Hilfe.
Diese Großfamilie ist mit 11
Personen nach einer abenteuerlichen Flucht nach Villingen gekommen. Aus
dieser Familie waren schon zwei männliche Personen in früheren
Jahren gekommen, die dem Polizei- und Wehrdienstterror entgehen wollten.
Diese Familie verließ im Oktober 1999 Villingen in zwei Schüben:
Zunächst ging das jüngere Ehepaar zurück, um die Situation
vor Ort, insbesondere in ihrem Haus, zu sehen und Vorbereitungen für
die Rückkehr des Rests der Familie zu treffen. Einen Monat später
ging dann der Rest der Familie zurück. Die Voraussetzungen für
die Rückkehr waren günstig:
Wegen dieser Voraussetzungen kann die
Rückkehr als geglückt angesehen werden.
Diese Familie war im wesentlichen während
des ganzen Krieges im Kosovo. Die Familie hat mit 700 anderen Menschen
im Wald überlebt. Der Vater und zwei Cousins wurden allerdings ermordet,
der älteste Sohn floh nach Deutschland und ist wahrscheinlich so dem
sicheren Tod entkommen. Das Haus der Familie wurde im Krieg ausgeraubt,
verbrannt und bis auf die Außenmauern zerstört. Mit Unterstützung
von ausländischen Hilfsorganisationen (ADRA Japan) konnten die erforderlichen
Baumaterialien besorgt und noch vor dem Winter das Dach aufgebaut, Türen
und Fenster eingesetzt werden. Jetzt im Frühjahr konnte das Haus notdürftig
von innen renoviert und allmählich instandgesetzt werden. Der Sohn
ging von Deutschland im September 1999 zurück und konnte als Lehrer
gleich wieder in seinem alten Beruf anfangen (300,- DM Einkommen, bisher
unregelmäßig ausgezahlt). Garten und Feld sind kultivierbar
gemacht, in einem unter Folie errichteten Gewächshaus werden Paprika
und anderes Gemüse angebaut. Durch die Bienenzucht und Honigverkauf
kann das Einkommen der Familie verbessert und so ein ökonomisches
Überleben gesichert werden. Allerdings ist zur Zeit kein Geld da,
um in die alten Bienenstöcke zu investieren. Auch hier konnte durch
bestimmte Umstände eine Rückkehr sinnvoll möglich gemacht
werden.
Trotz Anerkennung nach § 51 und
der Möglichkeit, vorerst in Deutschland zu bleiben, ist eine Familie
vor nicht langer Zeit in den Kosovo zurückgekehrt. Gleichzeitig ging
der Bruder zurück, der hier eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung
und einen guten, sicheren Arbeitsplatz hatte. Die Teilnahme am Wiederaufbau
erschien ihnen sinnvoller, als unwillkommen weiter in Deutschland zu hocken.
Insgesamt sind es drei Brüder, die zusammen in Pristina eine neue
Firma zum Wiederaufbau von Häusern gegründet haben. Die Voraussetzungen
dafür waren, dass durch einen günstigen Kredit in Höhe von
100 000 DM, den sie über eine slowenische Firma des Bruders bekommen
konnten, in Geräte und Fahrzeuge investiert werden konnte. Bisher
konnten sie 15 Arbeitsplätze schaffen, 10 weitere werden in Kürze
durch die Eröffnung eines Restaurants geschaffen. Sie selbst wohnen
und leben, da ihre Häuser im Herkunftsort total zerstört sind,
noch sehr einfach in einem oder zwei Zimmern, die notdürftig in Pristina
auf einem zerfallenen Werksgelände hergerichtet wurden. Günstig
war auch, dass die in Deutschland erworbenen Möbel und einige andere
brauchbare Dinge mitgenommen werden konnten und über einen abenteuerlichen
Weg nach Pristina gebracht wurden. Allerdings muß man einschränkend
sagen, dass für die Frau, die schwer traumatisiert zeitweise in unserer
Betreuung war, große Schwierigkeiten hatte, sich im Kosovo wieder
zu akklimatisieren. Ihren Platz hat sie bis heute noch nicht gefunden.
Auch hier waren die positive Motivation, die Freiwilligkeit und schließlich
eine günstige ökonomische Grundlage die wesentlichen Voraussetzungen
für eine Rückkehr in Sicherheit und Würde.
Diese Mitglieder dieser Familie waren
als Kontingentflüchtlinge während der Bombardierungen der NATO
in Villingen aufgenommen. Während die Männer zum größten
Teil im Kosovo geblieben sind, sind die Oma, die Frauen und die Kinder
nach Mazedonien, von dort nach Deutschland geflüchtet. Die Oma mit
einer Tochter und zwei kleinen Kindern ist im November 1999 zurückgegangen,
als zum ersten Mal der Druck der Behörden zur Rückkehr spürbar
wurde. Eine Familie mit neugeborenen Zwillingen, wovon eines noch krank
ist, und einem dreijährigen Kind, das immer noch unter den grausamen
Erlebnissen leidet, ist bisher noch in Villingen geblieben. Die Rückkehrer
mussten den ganzen Winter in einem 25 qm großen, sehr dunklen und
feuchten Raum, der notdürftig in einem halbverfallenen Nebengebäude
hergerichtet worden war, ausharren. "So eine Zeit können wir nicht
noch einmal durchstehen", war die einhellige Antwort auf unsere Frage,
wie sie es fertiggebracht hätten, dort zu leben. Mit Beginn des Frühjahrs
ist ein Teil der Familie zurück in ein Zelt gezogen, das neben dem
Haus auf dem Grundstück errichtet worden ist. Das eigentliche Wohnhaus
ist bis auf die Grundmauern zerstört, (Kategorie 5), die Tiere - Kühe
- und das landwirtschaftliche Gerät, z.B. der Trecker, ist ihnen gestohlen
worden. Zwei der Familienväter haben Arbeit im nahegelegenen Braunkohlenbergwerk
gefunden, hätten allerdings bisher noch kein Geld ausgezahlt bekommen.
Sie arbeiten nur deshalb weiter, um ihre Sozialversicherungsansprüche
nicht zu verlieren und eventuell irgendwann einen festen Arbeitsplatz zu
haben. Aus eigener Kraft ist die Familie bisher nicht in der Lage, die
notwendigen Materialien zu besorgen, den Aufbau würden sie selbst
bewerkstelligen. Es sei zwar eine saudi-arabische Hilfsorganisation gekommen
und habe das Haus registriert, aber danach hätten sie nichts mehr
von ihnen gehört. Die Familie habe erfahren, dass die Zerstörung
zu groß sei, um Hilfestellung beim Wiederaufbau zu geben. Notdürftig
ist ein Garten angelegt, um dort frisches Gemüse heranzuziehen. Von
den Hilfsorganisationen bekämen sie nur die Basisgrundnahrungsmittel.
Eine Kuh würde ihnen schon helfen, zumindest den Kindern regelmäßig
Milch und Milchprodukte anzubieten. Auf dem Grundstück wohnen noch
weitere 22 Personen in dem einzig verbliebenen halbverfallenen Nebenhaus.
Deren Häuser sind ebenfalls total zerstört und harren des Wiederaufbaus.
Sollte aus Deutschland nun der Rest der Familie mit 3 kleinen Kindern zurückkehren,
so wäre dies eine zusätzliche Belastung, die den Kollaps dieser
Großfamilie bedeuten könnte. Dankbar und mit Tränen in
den Augen wurde der Briefumschlag mit 100 DM angenommen, den die Restfamilie
hier von ihrem bescheidenen Taschengeld angespart hatte.
Diese Familie ging im April 2000 in
den Kosovo zurück. Der Mann ist Maurer und dachte, er könne gleich
sein Haus wieder aufbauen. Dieses Haus, das etwas abseits ganz im Osten
des Kosovo nahe der serbischen Grenze hoch in den Bergen liegt, ist von
Granaten zerstört und muß von den Grundmauern aus völlig
erneuert werden. Auf dem Grundstück stehen noch zwei weitere Häuser
seiner Geschwistern, die ebenfalls völlig zerstört sind. Das
gesamte Dorf, etwa 22 Familien, lebt zur Zeit in einem noch nicht fertiggestellten
Hochhausrohbau in der nächstgelegenen Kleinstadt Kamenica, etwa 20
km von dem Dorf entfernt. Die Verhältnisse sind sehr beengt, jede
Familie hat gerade ein Zimmer zugewiesen bekommen, worin sie z.T. mit 8
bis 10 Personen leben. Das Treppenhaus und die Balkons ist noch völlig
ungesichert, es wunderte uns, dass bisher noch keine schwerwiegenden Unfälle
mit den vielen kleinen Kindern vorgekommen sind. Die kleine Tochter der
von Villingen zurückgekehrten Familie ist aber gerade einen Tag vorher
die noch nicht fertiggestellte Treppe heruntergefallen. Die Toilette ist
vorne vor dem Haus errichtet, es ist ein einziges Plumpsklo für mehr
als 100 Personen. Wasser muss aus einem einzigen Wasserhahn außerhalb
des Hauses herangeschleppt werden. Die Gruppe hat mehrmals UNHCR gebeten,
doch mehrere Toiletten hinzustellen, das sei aber abgelehnt worden. Nun
haben alle Familien die Aufforderung bekommen, diesen Rohbau bis zum 7.
Mai zu verlassen. Die Verzweiflung ist groß, denn für viele
bedeutet dies eine ausweglose Situation, weil sie buchstäblich auf
der Straße stehen. Am liebsten würden sie gemeinsam in ihr Dorf
zurückgehen, sie könnten sich beim Wiedererrichten ihrer Häuser
gegenseitig helfen und gegenseitig Sicherheit geben, zumal die Angst vor
den serbischen Nachbarn, die in Nachbardörfern in der Nähe wohnen,
sehr groß ist. Dies scheint aber nicht zu gelingen, weil keiner in
der Lage ist, die entsprechenden Baumaterialien zu kaufen, bisher die Schweizer
Hilfsorganisation, die helfen wollte, sich nicht gemeldet hat. Die Menschen
wissen auch nicht, an wen sie sich um Unterstützung wenden können.
UNHCR fühlt sich nicht zuständig, weil es sich bei ihnen hauptsächlich
um Vertriebene oder Binnenflüchtlinge handelt. Die Stadtverwaltung
von Kamenica kümmert sich ebenfalls kaum um diese Gruppe, weil sie
eine der wenigen betroffenen Gruppen sind, deren Dörfer in diesem
Bezirk zerstört worden seien. Unsere Familie aus Deutschland weicht
nun auf die nicht minderbeengten Verhältnisse bei Verwandten in Pristina
aus. Der Familienvater hofft wie 90% der übrigen Bevölkerung
dort auf Arbeit, so dass er Materialien für den Hausaufbau kaufen
kann. Er hofft auch, in das Wiederaufbauprojekt der Diakonie Baden Württembergs
zu kommen, wozu er sich vor der Rückkehr beworben hat. Die Familie
hat allerdings Angst, auch wenn sie Anschubhilfe bekommt, zunächst
allein in das Dorf zurückzukehren und sieht sich nach einer Alternative
in Pristina um, wo die Verwandten ihr ein Grundstück zur Verfügung
stellen können. Dies scheint sowieso zur Zeit der Trend zu sein mit
der Folge, dass das sowieso schon überfüllte Pristina immer mehr
aus den Nähten platzt. Diese Rückkehr war sicherlich zu früh
und brachte die Familie trotz der kleinen Rückkehrhilfe in eine schwierige
Lage. Nur wenn sie in die Wiederaufbauhilfe der Diakonie einbezogen wird
und/oder er eine bezahlte Lohnarbeit findet, nur dann wird diese Familie
wieder auf die Beine kommen. Hier rächt sich, dass vorher keine Informationsfahrt
möglich und damit auch keine gezielte und geplante Rückkehr durchführbar
war.
Nur die Eltern sind im Kosovo geblieben.
Die Mutter ist krank und hat einen Schlaganfall, der Vater noch rüstig,
aber er leidet darunter, über viele Jahre seine Kinder und deren Familie
nicht gesehen zu haben. Diese sind schon vor einigen Jahren nach Deutschland
geflohen und unterstützen die Eltern in ihrer materiellen Existenz.
Die Eltern wohnen in einer fremden Wohnung in der nächst größeren
Stadt, denn das Haus und das Anwesen dieser Familie ist total zerstört.
Die meisten Häuser in diesem Dorf sind mittlerweile mit Hilfe der
Hilfsorganisation Cap Anamur aufgebaut, dieses Haus wurde explizit von
der Unterstützung ausgenommen, weil doch zwei Söhne in Deutschland
seien. Es wurden keine Nachforschungen angestellt, wie die wirkliche finanzielle
Lage dieser Söhne in Deutschland ist. Zwar hat die Familie hier in
Villingen in den letzten Jahren eine regelmäßige Arbeit bekommen,
das Einkommen ist allerdings nicht groß genug, um neben der Ernährung
der Familie mit drei Kindern und der Unterstützung der Eltern noch
zu sparen. Wegen des Asylverfahrens musste die Familie in der überteuerten
Asylbewerberunterkunft wohnen bleiben. Das Haus ist völlig zerstört
und muss von Grund auf erneuert werden. Die Familie in Villingen möchte
sehr gerne zurückgehen, will allerdings zunächst noch die nötigen
Geräte und Werkzeuge beschaffen, um eine Autowerkstatt zu errichten.
Denn sie glaubt, nur mit einer eigenen Arbeit und regelmäßigem
Einkommen wirtschaftlich auf die Beine zu kommen und damit auch das Haus
wieder aufbauen zu können. Der Familienvater hat Autoschlosser gelernt
und könnte einen solchen kleinen Betrieb aufbauen, wenn die nötigen
Werkzeuge besorgt worden sind. Dafür wird er etwa 6-7000 DM brauchen,
wofür er nach wie vor spart, denn einen Kredit in dieser Größenordnung
bekommt er nicht, weil er nichts außer seine Arbeitskraft und sein
Können vorweisen kann. Mit Unterstützung und einer Anschubfinanzierung
wäre es sicherlich möglich, seine Existenz und die seiner Eltern
zu sichern, die Suche dafür ist bisher vergeblich verlaufen. Sobald
Geld für Materialien vorhanden ist, würde der Vater auch mit
dem Wiederaufbau des zerstörten Hauses beginnen.
Diese Familie wurde während des
Krieges getrennt. Während die Eltern im Kosovo geblieben sind, wobei
die Mutter psychisch schwer erkrankt ist, sind drei Brüder nach Deutschland
geflohen, während zwei Brüder mit ihren Familien geblieben sind.
Einer von den Flüchtlingen in Villingen-Schwenningen ist schwer nierenkrank
und bedarf regelmäßiger Blutwäsche. Für die beiden
Familien, die im Kosovo geblieben sind, sind mittlerweile in einem neuen
Haus auf dem Grundstück zwei Zimmer hergerichtet. Das elterliche Wohnhaus,
in das auch der kranke Sohn zurückkehren muss, ist nach wie vor zerstört
(Kategorie 5). Es ist zwar vom alten Vater schon einiger Schutt weggeräumt
und die noch brauchbaren Ziegel schön säuberlich aufgeschichtet
worden, aber auch hier fehlt es an Baumaterial und finanziellen Ressourcen,
um mit dem Wiederaufbau zu beginnen. Bisher hat die Familie noch keine
Hilfsorganisation gesehen. Zur Zeit leben alle noch im Keller des Hauses.
Dies ist ein feuchter dunkler Raum, dessen Wände schimmelig sind,
wo gekocht, gewaschen und geschlafen wird. Wenn allerdings nicht bald von
außen Unterstützung kommt, wird das alte Ehepaar wohl noch einen
zweiten Winter in diesem Kellerloch verbringen müssen. Sollte der
nierenkranke Sohn ebenfalls dorthin zurückkehren, müsste er mit
ihnen dort leben. Die Mutter ist von den erlittenen Kriegserlebnissen noch
gezeichnet, außerdem leidet sie an schlimmen Rückenschmerzen,
die bisher hat keiner lindern können und die sie fast gehunfähig
machen.
Diese Familie lebt nicht sehr weit
von Pristina, allerdings in einem Gebiet, das von serbischen Sicherheitskräften
und Paramilitärs stark heimgesucht worden ist. Die Familie, die wir
besuchten, hat sechs vornehmlich männliche Mitglieder und die alte
Mutter ermordet verloren. Die Toten sind erst vor kurzem in einem Massengrab
gefunden worden. Der Rest der Familie lebt in einem kleinen Haus, während
das Haupthaus noch unbewohnbar ist (ausgebrannt). Sie leben mit 22 Personen,
vorwiegend Frauen und Kinder, zusammen auf dem Grundstück. Der Schrecken
und die brutale Ermordung der Familienmitglieder lastet schwer auf dieser
Familie. Sie ist äußerst ängstlich und misstrauisch gegenüber
Fremden. Das zeigte sich anfangs, als wir das Grundstück betreten
wollten und zunächst niemand aufmachte. Als wir schon wieder gehen
wollten, erschien vorsichtig eine Frau in der Tür, die unseren Dolmetscher
befragte. Er stellte uns vor und wir erklärten unsere Absichten. Wir
erwähnten auch die Namen der noch in Villingen-Schwenningen verbliebenen
Verwandten, die allerdings zunächst völlig verleugnet wurden.
Erst ganz allmählich taute die Frau auf und lud uns in das Haus ein,
als sie merkte, dass wir wirklich aus Deutschland kamen und die hier schutzgefundenen
Verwandten kannten. Dann wurden wir sehr herzlich empfangen. Alle, eingeschlossen
die Kinder, sind von der erlittenen Gewalt noch schwer gekennzeichnet.
Die sinnlose Ermordung ihrer engsten Verwandten ist noch nicht verarbeitet.
Eine Frau ist mit ihren Kindern im Dezember aus der Schweiz zurückgekehrt,
um die vermissten Familienangehörigen zu suchen, bis sie im Januar
diesen Jahres die schreckliche Gewissheit erfahren musste. Die Gespräche
kreisten fast ausnahmslos um die verlorenen Familienangehörigen. Die
Trauer und eine hilflose Wut über das angetane Leid war allen Frauen
noch anzusehen. Sie waren eine große angesehene Familie gewesen,
die wirtschaftlich ihr Auskommen hatte. Jetzt halten sie sich mit Landwirtschaft
ein wenig über Wasser, sind aber auf die Zuwendungen von Verwandten
im Ausland angewiesen. Zusätzlicher Platz für weitere rückkehrende
Verwandte auf dem Grundstück ist, solange das andere Haus noch nicht
wieder hergerichtet ist, völlig ausgeschlossen. Sie hatten bisher
noch keine Kraft, sich neben der Bewältigung des schwierigen Alltags
darum zu kümmern. Familienmitglieder, die ebenfalls unter dem nicht
fassbaren Leid erkrankt sind, werden sicherlich eher noch eine Belastung,
anstatt eine Ermutigung sein.
1. Diejenigen, deren Haus völlig zerstört ist und über keine eigenen finanzielle Mittel verfügen, um zumindest die Baumaterialien zu kaufen, brauchen dringend gesicherte Unterstützung von außen, ehe sie zurückkehren können.
2. Flüchtlinge aus Deutschland haben große Schwierigkeiten, Zugang zu den Hilfsorganisationen vor Ort zu bekommen.
3. Hilfsorganisationen konzentrieren sich bisher auf Häuser, die nicht völlig zerstört sind; diejenigen, die es besonders nötig haben, bekamen bisher am wenigsten.
4. Wenn Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden sollte, ist die Hilfe zur eigenen Existenz die wichtigste. Hier sollte ein besserer Zugang zu Kleinkrediten geschaffen werden.
5. Kranke, Traumatisierte und hilfsbedürftige Personen sollten in jeden Fall noch etwas länger in Deutschland bleiben dürfen, vor allem wenn sie selbst noch keine Möglichkeit der Rückkehr sehen.
6. Es war ein großer politischer Fehler, keine Informationsfahrten machen zu können.
7. Es gibt trotz 50 000 ausländischer Soldaten große Unsicherheiten in Sicherheitsfragen. Die Angst und das Misstrauen gegenüber serbischen Volksangehörigen ist nach wie vor auf Schritt und Tritt zu spüren.
8. Das größte soziale Problem wird die Integration und die Ausbildung von arbeitsfähigen Jugendlichen sein. Diese mussten häufig direkt nach der Schulausbildung das Land verlassen, wurden allerdings in Deutschland auch nur "geparkt". Ein innerer Frieden in diesem Land wird langfristig davon abhängen, ob es gelingt, ein vielfältiges Angebot an Lehrstellen und Berufsausbildungsplätzen zu schaffen. Bisher sind allerdings noch wenig hoffnungsvolle Ansätze zu sehen.
9. Der formale Rückkehrprozeß ist durch IOM und UNHCR gut organisiert, allerdings, wer nicht weiß, wohin er gehen und wohnen kann und/oder nicht auf Familienmitglieder zurückgreifen kann, kommt in Sammellager, deren Bedingungen an der Grenze zur Menschenwürde sind. Obdachlose sind in einem Land, wo sowieso der Wohnraum mehr als knapp ist, besonders der Gefahr der gesellschaftlichen Ausgrenzung ausgesetzt.
10. Begleitung, Unterstützung und Kontakte sollten vor und nach der Rückkehr weiterhin unsere Aufgaben bleiben und bilden ein gutes Tätigkeitsfeld für Gruppen, Initiativen oder Städtepartnerschaften.
2. Der Familie 4 würden wir in Kooperation mit dem Diakonischen Werk eine Milchkuh zur Verfügung stellen wollen. (Stichwort: Kuh)
3. Dieser Familie vielleicht ebenfalls eine kleine Summe zur Verfügung stellen, damit die zwei Brüder Materialien einkaufen können, um mit dem Hausbau möglichst schnell zu beginnen. Wir bemühen uns über UNHCR um Unterstützung dieser Familie bei der Besorgung von Baumaterialien.
4. Der Familie 6 einen zinslosen Kredit zum Erwerb der erforderlichen Werkzeuge für eine Autowerkstatt zu geben. Als Gegenverpflichtung soll der Mann in den nächsten zwei Jahren zwei junge Menschen ausbilden. Der Kredit soll allmählich zurückgezahlt und in die Dorfentwicklung gesteckt werden. Dies soll von uns weiterhin begleitet werden. (Stichwort Autowerkstatt)
5. Gegenüber den Behörden hier darauf hinwirken, dass in Einzelfällen mit der Rückkehr deutlich zurückhaltender verfahren wird.
6. UNHCR auffordern, die Shelter-camps, wie wir sie gesehen haben, aufzulösen, anstatt sie für Notlösungen bereitzuhalten.
Die Herstellung und der Versand des Reiseberichtes ist mit Unkosten verbunden. Deshalb bitten wir darüber hinaus um eine Spende auf unser unten angegebenes Konto, Stichwort >Kosovo<, Überschüsse gehen in die oben beschriebenen Projekte.
Villingen-Schwenningen, den 3. Mai 2000
Ernst-Ludwig Iskenius
Monika von Mirbach
Refugio Villingen-Schwenningen
Kontaktstelle für traumatisierte Flüchtlinge
e. V.
Klosterring 1 (Hinterhaus)
78050 VS-Villingen
Tel 07721/5041-55
Fax 07721/5041-65
e-mail: refugio.vs@t-online.de
Bankverbindung: Sparkasse Villingen-Schwenningen,
BLZ 694 500 65, Kontonummer 96116
Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Psychosozialen
Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e. V. (BAFF) und der
Landesarbeitsgemeinschaft Folterüberlebende in Baden-Württemberg
(LAG)