Ohne Sonntage nur Werktage
Gottesdienst und öffentliches Sonntagsgespräch
zum Gedenktag des arbeitsfreien Sonntages
Mit der Kolpingsfamilie Dillingen im Pfarrzentrum St.Peter Dillingen

Dillingen (MK). Einen teilweise ungewöhnlichen Gottesdienst erlebten zahlreiche Kirchgänger am vergangenen Sonntagmorgen in der Dillinger Basilika. Im Mittel-gang stand ein Liegestuhl, der als Symbol diente für Ruhe, für eine Arbeitspause oder einfach dafür, dass man die Seele baumeln lässt.
Im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes erinnerte die Ökumenische Gruppe ALG III („Arbeit - Leben - Glaube  - Drei, die zusammen gehören!“) an den Gedenktag des arbeitsfreien Sonntages.

DGB Kreisvorsitzende Antonie Schiefnetter und Betriebsseelsorger Thomas Hoffmann beim anschließenden Sonntagsgespräch im Dillinger Faustussaal

Zusammen mit Stadtpfarrer Wolfgang Schneck feierte Diakon Georg Steinmetz diesen Gottesdienst. In seiner Ansprache hinterfragte Steinmetz, was für uns der Sonntag bedeutet und gab hierfür einige exemplarische Beispiele: Er erinnerte daran, dass viele Mitarbeiter in den Hilfsdiensten, bei der Polizei oder Altenheimen und Krankenhäusern am Sonntag arbeiten müssen. Er nannte die ausländischen LKW Fahrer, die am Sonntag irgendwo an einer Autobahnraststätte das Ende des Nachtfahrverbotes abwarten, um wieder ihrer Arbeit nachgehen zu können.
„All das passiert am Sonntag“, sagte Steinmetz. Er bekräftigte, dass der Sonntag nun seit fast 1700 Jahren ein geschützter, arbeitsfreier Tag ist im Christentum. Dieser Tag dient dazu, dass wir die Erfolge und Niederlagen der zurückliegenden Woche vor Gott bringen, inne und Rückschau halten können. Hieraus ziehen viele Christen eine Stärkung für den Alltag.
Dem gegenüber stehen immer mehr, die am Sonntag gute Geschäfte wittern, z.B. in dem die Zahl der Marktsonntage ausgeweitet werden soll. In immer mehr Betrieben dürfen auch am Sonntag die Bänder nicht still stehen, damit die Maschinen (!) möglichst produktiv sind. Und er rüttelte auch auf, als er an die Mitarbeiter des weltgrößten Online-Versenders erinnerte, die (wie selbstverständlich) am Sonntag im Augsburger Logistikzentrum durcharbeiten müssen, damit „wir“ unsere Sendungen pünktlich bekommen. Steinmetz kam daher zum Schluss, dass eine Heiligung des Sonntages auch bedeutet, dass ich dies meinem Nächsten auch zugestehen muss.
Mit Blick auf z.B. den Online-Handel heißt dies, dass man nicht jeden Service in Anspruch nehmen muss, nur weil er von den Global Playern angeboten wird.
Im Anschluss nutzten zahlreiche Gottesdienstbesucher noch die Gelegenheit, das Thema „Sonntagsschutz“ im Faustussaal beim „Sonntagsgespräch“ der Dillinger Kolpingfamilie zu vertiefen. Josef Bihler leitete unter dem Motto „Ohne Sonntage nur Werktage“ zu den beiden Referenten des Gesprächs über: Thomas Hoffmann, Betriebsseelsorger für die Diözesanregion, gab den Besuchern die kürzeste Definition von Religion an die Hand: „Unterbrechung“. Somit stehe der arbeitsfreie Sonntag für „hinterfragen, reflektieren und für Freiheit“.
DGB Kreisvorsitzende Antonie Schiefnetter erinnerte daran, dass mittlerweile ca. 30 % der deutschen Arbeitnehmer regelmäßig oder gelegentlich am Sonntag arbeiten müssten. Sie beklagte, dass es keine bundeseinheitlichen Regelungen gäbe für den arbeitsfreien Sonntag. Von den Gewerbeaufsichtsämtern sei es immer leichter, eine Arbeitsgenehmigung zu erhalten für diesen Tag. Somit würden den Arbeitnehmern immer mehr Flexibilität abverlangt; die „Planungssicherheit für Privates“ komme immer mehr abhanden.
In der anschließenden, lebhaften Diskussion waren sich die Teilnehmer größtenteils einig, dass für die Wahrung des Sonntagsschutzes eine gewisse freiwillige Selbstbeschränkung der Konsumenten notwendig sei. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels dürfe man aber auch nicht die Politik aus der Verantwortung für den arbeitsfreien Sonntag entlassen.

VON MARTIN KNECHT