Lebensweg und Vermächtnis

Vortrag zu Dietrich Bonhoeffer

in der Lauinger Christuskirche

Der Gang eines Christen in den Widerstand

Anlässlich des 70. Todestages von Dietrich Bonhoeffer hatten die evangelische Kirchengemeinde, die Stadtbücherei und die Volkshochschule der Stadt Lauingen zu einer gemeinsamen Veranstaltung geladen. Eine zahlreiche Zuhörerschaft war am Freitag, dem 27.3., dieser Einladung gefolgt. Gertrud Ehrhart, die Leiterin der Lauinger Volkshochschule, leitete den Vortrag ein mit Zeilen aus dem Gedicht „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, die man als Vermächtnis des von den Nazis umgebrachten  Theologen Dietrich Bonhoeffer ansehen kann. Sie stellte den Referenten des Abends vor, Gerd Berghofer, einen erfolgreichen Publizisten und mehrfach ausgezeichneten Literaten. Er werde den Lebensweg Dietrich Bonhoeffers nachzeichnen und fragen, was ihn geprägt und stark gemacht habe. Der Referent beginnt mit dem schrecklichen Ende des bekennenden Christen. Am 9. April 1945 wird Dietrich Bonhoeffer von einem Standgericht in Flossenbürg zum Tode verurteilt und unmittelbar darauf hingerichtet. Für die SS-Schergen ist er nichts anderes als ein Verschwörer der Canaris-Gruppe. Als Person des Widerstandes wird der Hingerichtete aber unmittelbar nach dem Krieg lange kaum wahrgenommen und nur von wenigen gewürdigt. Dietrich Bonhoeffer stammt aus einem großbürgerlichen Hause, der Vater ein hochangesehener Psychiatrieprofessor, die Mutter aus einer preußischen Adelsfamilie. Die Erziehung ist bürgerlichen Werten verpflichtet, die patriotische Gesinnung erlebt im Ersten Weltkrieg einen Dämpfer. Deutschnational bleibt man auch nach dem Krieg, man bejaht aber die Republik und verurteilt die politischen Morde. Der Abiturient entscheidet sich zur Überraschung seiner Eltern für ein Theologiestudium, das sie ihm aber trotzdem finanzieren.  Tübingen, Rom und Berlin sind die akademischen Stationen. Nach sechs Semestern steht bereits die Doktorarbeit und der junge Theologe hat zum ersten Mal Position bezogen. Im Streit zwischen der alten Garde protestantischer Theologen und den Neuerern um Karl Barth ist ihm klargeworden: Kirche muss sich von staatlicher Vereinnahmung lösen. Drei Stationen – so führt der Referent aus – haben nun den jungen Theologen geprägt: die Erfahrung gelebter Frömmigkeit in Rom; die Erwartung, als Auslandspfarrer in Barcelona für die verschiedensten Ansprechpartner da zu sein; der Einblick in das soziale Engagement kirchlicher Gemeinden in New York. Kirche ist nur Kirche – so wird es Dietrich Bonhoeffer später formulieren – wenn sie für andere da ist. Sein eigenes Engagement in der Jugendarbeit – man hat ihm in der Zeit der Wirtschaftskrise eine Konfirmandenklasse im Arbeiterviertel Berlin-Wedding anvertraut - lehrt ihn: Es geht nicht darum, diese Jugendlichen am Rande der Gesellschaft zurückzuholen in die Kirche; es geht darum, mit ihnen Kirche zu sein. Die Machtergreifung und das NS-Regime bedeuten für Dietrich Bonhoeffer eine zweifache Herausforderung. Einmal ist es die Erfahrung des Unrechtsstaates (auch im engeren und weiteren Familienkreis), zum andern ist es die quälende Erkenntnis, dass die Kirchen, die evangelische mit den „Deutschen Christen“ zumal, sich viel zu schnell vereinnahmen lassen. Die Zuarbeit beim Ariernachweis empfindet er als Skandal. Gegen die Gleichschaltung der evangelischen Landeskirchen unter einem „Reichsbischof“ wenden sich die Anhänger der „Bekennenden Kirche“. Deren institutionelle Möglichkeiten werden aber sehr bald eingeschränkt, die Predigerseminare aufgehoben, die Bruderhäuser beschlagnahmt, die Kontakte immer mehr überwacht. Es kommt zu zahlreichen Verhaftungen. Dietrich Bonhoeffer, der 1939 sogar eine Professur in den USA hätte antreten können, sieht sich in Deutschland mit einem Rede- und Schreibverbot, als Professor mit einem Berufsverbot belegt. Wohl 1940 schon geht er in den Untergrund. Er stellt sich der Widerstandsgruppe um Admiral Canaris als Kurier zur Verfügung. Zuerst nur wegen „Wehrkraftzersetzung“ seit dem 5.3.1943 in Haft, wird ihm nach dem 20. Juli 1944 eine Denkschrift zum Verhängnis. Wegen „Hochverrats“ gerät er nun in die Fänge der SS-Ermittler. Über sein Schicksal macht er sich keine Illusionen. Die Gedichtzeilen von Weihnachten 1944 zeugen von tiefem Glauben und Gottergebenheit. Zum Schluss des Vortrags dankte Frau Hüll, die Leiterin der Stadtbibliothek –für den lebendigen und eindrucksvollen Vortrag.

B. Ehrhart
Die Bilderreihe vom Vortragsabend:
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