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Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina
(Christina Kaiser, Pristina)
Monatsbericht Juli 2000
Die Sicherheitslage im Kosovo im Sommer 2000
1 - Die Situation alleinstehender Frauen/Mütter und Jugendlicher im Kosovo
2 - Die aktuelle Wohnraumsituation1 - Einleitung: Aktualisierung von Strom- und Wasserversorgung und Abfallbeseitigung
2 - Gesundheitsversorgung
3 - Wohnraumsituation und soziale Versorgung
4 - Wirtschaftiche Lage
Die Fußnoten des Originals
(PDF-file http://www.cvizk.de/berichte/berichtjul2000.pdf
)
sind in dieser Internet-Fassung nicht
wiedergegeben !
Monatsbericht Juli 2000
Die Sicherheitslage im Kosovo im Sommer 2000
Nach einem relativ ruhigen Frühling hat sich die Sicherheitslage im Kosovo in den letzten Wochen wieder zunehmend verschlechtert. Seit einer Woche ist die wichtigste Informationsquelle der zivilen Internationalen Gemeinschaft, der KFOR Security Brief, jedoch dem Zugang der Öffentlichkeit entzogen worden. Gründe wurden keine angegeben.
Die größten Unruheherde im Sommer 2000 können folgerndermaßen aufgegliedert werden:
1. Gewöhnliche Kriminalität
2. Ethnisch motivierte Kriminalität
3. Politisch motivierte Kriminalität
4. Spannungen in Mitrovica
5. Unruhen im Preševo Valley - Südserbien
Hinzu kommt eine immer stärker werdende Unzufriedenheit aller ethnischen Gruppen mit der Internationalen Gemeinschaft, vor allem mit der UNMIK Polizei und KFOR. Dies hängt zum einen mit Entscheidungen Dr. Kouchners (s.u.), zum anderen aber auch mit der scheinbaren Macht- und Tatenlosigkeit der Polizei und des Militärs zusammen.
Ein wichtiger Stein des Anstoßes für die albanische Bevölkerung war KFORs Entdeckung eines riesigen Waffendepots, mit dem Kosovoalbaner eine eventuelle weitere Verteidigung ihrer Provinz garantieren wollten, und womit angeblich mazedonische Albaner und albanische Guerillatruppen an der Grenze zu Südserbien unterstützt werden. Die Zerstörung der Waffen hatte große Demonstrationen landesweit und mehrere Bombenlegungen – und drohungen mitten vor dem Hauptsitz der UNMIK-Polizei im belebtesten Viertel im Zentrum von Pristina zur Folge.
Immer mehr scheint es, daß KFOR, radikale Gruppen und die selbsternannte Befreiungsarmee von Alliierten zu Widersachern geworden sind.
Mehrere Attacken gegen KFOR-Soldaten, vor allem in Mitrovica, und die Zerstörung eines UNMIK-Büros in einer serbischen Enklave beweisen die steigende Aggressivität auf albanischer sowie serbischer Seite.
Eine direkte Folge dieser Situation ist ein wachsendes gegenseitiges
Mißtrauen der einheimischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft.
Ein eventuelles Unruhepotential: Die TMK
Das Schicksal der TMK, meist ehemalige UCK-Kämpfer, die zu einer Art THW um-funktioniert
wurden, stellt sicher eines der größten Probleme für die internationale
Gemeinschaft dar. Das Ziel dieser Demobilisierung war eine zivile Reintegration
der ehemaligen Guerillakämpfer.
Und dennoch erlaubt diese Umfunktionierung den Ex-Soldaten in militärähnlichen
Einheiten zusammen zu bleiben, Waffen und ihre Uniformen mit leichten
Änderun-gen weiter zu tragen. Das Ergebnis ist eine Gruppe von Männern (ca.
4000 ), die sich als die zukünftige Armee des Kosovo verstehen . Zudem
geht man davon aus, daß einige UCK-Einheiten weiterhin existieren. Unter
welchem Namen auch immer, fest steht, daß der Einfluß der UCK, vor allem in
ländlichen gebieten, noch immer sehr groß ist . Die Festnahme eines
ehemaligen UCK-Mitglieds im Juni hatte De-monstrationen zur Folge.
Am 10. August veröffentlichte die lokale Tageszeitung Zëri die Ergebnisse einer
Umfrage die TMK betreffend.
Von 1000 Befragten aller Altersgruppen, beider Geschlechter aus Stadt und
Land, ergab sich folgendes: Die große Mehrheit fand, daß die TMK die
Weiterführung des Ruhmes der UCK repräsentiert, daß sie weiterhin einen großen
Einfluß auf die Zu-kunft des Kosovo haben wird und daß sie militärische
Aufgaben haben sollte.
Von einem Angehörigen der UNMIK Polizei wurde die TMK des Mißbrauchs ihrer
Position und der Korruption beschuldigt.
Die fünf wichtigsten Unruheherde im Überblick
Von den 5 oben genannten Unruheherden scheinen die beiden ersten in ihrer Häufigkeit zu stagnieren, während die beiden letzteren sehr gewalttätig, aber eher sporadisch auftauchen.
Laut James Collins von ECMM (European Community Monitoring Mission) wird jedoch vor allem das politisch motivierte Verbrechen mit der bevorstehenden Wahlkampagne stark zunehmen.
Von ungefähr 550 Morden seit Ende des Krieges ist kein einziger der Täter
bisher bestraft worden. Das größte Problem ist nicht nur das Fehlen eines
Strafgesetzgebung, sondern auch das Widerstreben der einheimischen Richter, die
wenigen bestehenden Gesetze durchzuführen. Es ist nicht nur für einen serbischen
Richter gefährlich einen Albaner zu verurteilen, sondern selbst albanische
Richter fürchten in einem solchen Fall Racheakte.
Mit der Einführung von internationalen Richtern sollen die ersten Prozesse
jedoch bald beginnen .
1. Gewöhnliche Kriminalität
Alleine in der letzten Woche wurden mehrere junge Kosovoalbaner überfallen, erschossen oder erschlagen. Immer noch werden junge Frauen und Kinder entführt . Es herrscht auch nach einem Jahr UNMIK-Verwaltung eine Atmosphäre der Gesetzlosigkeit.
Morde und Schießereien sollte man jedoch nicht unbedingt mit denen in
Westeuropa gleichsetzen. Die Opfer sind größtenteils keine zufälligen Opfer,
sondern es handelt sich meist um Racheakte.
So war ich vor ein paar Wochen Zeugin einer Schießerei nachmittags mitten in
Pristina. Ein junger Mann schoß mit einer Pistole in ein vorbeifahrendes
Kabriolet. Dann blieb er ruhig stehen und steckte seine Pistole langsam ein. Er
wollte offen-sichtlich gesehen und erkannt werden. Erst als die amerikanische
Polizei mobil wurde, verschwand er. Ein Albaner erklärte mir, daß dieser Akt „Neben-das-Bein-Schießen“
genannt und als Warnung angesehen wird. Es ist für Internationale fast
unmöglich, die Motivationen für diese Gewalttaten zu verstehen – zumal in einer
solchen „Gesellschaft des Schweigens“ - und somit die Täter zu finden.
Die internationale Polizei, sowie KFOR bestätigten jedoch, daß man, zumindest
als Internationaler, keine Angst um seine Sicherheit haben muß, wenn man nicht
gerade nachts in dunklen Stadtvierteln herumläuft.
Über das organisierte Verbrechen wollten sich weder die Polizei noch KFOR in In-terviews auslassen.
Der Sicherheitschef der OSZE , Leslie House, glaubt, daß die internationale
Ge-meinschaft immer mehr zum Opfer von Diebstählen und Einbrüchen werden wird,
da ihre Mitglieder schlicht mehr Geld haben als die lokale Bevölkerung . Bisher
sind 15 NGOs ausgeraubt worden, wobei allerdings auch Internationale zu den
Tätern zäh-len.
Nach Meinung von Herrn House werden viele Rückkehrer sich aus Mangel an legalen
Arbeitsstellen der Kriminalität zuwenden.
2. Ethnisch motivierte Kriminalität
Ethnisch motivierte Verbrechen scheint es wieder mehr zu geben als im
Frühling. Einen entscheidender Faktor für dieses Ansteigen stellen Berichte in
der lokalen Presse dar. Im letzten Monat veröffentlichte eine lokale
Tageszeitung den Namen und die Adresse eines angeblichen serbischen
Kriegsverbrechers, der daraufhin ermordet wurde. Trotz Sanktionen gegen die
Zeitung scheint die OSZE, die zustän-dig für Medienkontrolle ist, diese
unverantwortlichen Veröffentlichungen nicht unter-drücken zu können.
- von serbischer Seite:
Ethnisch motivierte Verbrechen von Serben gegen Albaner kommen vor allem in
Mitrovica vor. Die ungefähr 100.000 Serben im Kosovo spalten sich in 2
Hauptlager: Zum einen die gemäßigte Gruppe, denen Versöhnung und Integration am
Herzen liegt, und deren Führer der orthodoxe Pope Vater Sava (außerdem
Präsident der serbischen Partei Serb National Council) in Gracanica (ein
kleiner Ort unweit von Pristina) ist.
Die zweite Gruppe ist die radikale, von Belgrad gesteuerte Gruppe um den
Bürgermeister Oliver Ivanovic in Mitrovica, deren „ausführendes Organ“ die
sogenannten „bridgewatchers“ sind. Dies ist eine Gruppe junger Extremisten, die
die Brücke vom Süden der Stadt in den Norden beobachten und häufig Passanten
einschüchtern oder am Betreten des Nordteils hindern. Bis jetzt hat KFOR nichts
gegen diese Truppe unternommen.
Das von Belgrad propagandierte Mißtrauen der serbischen Bevölkerung gegen
alles „aus dem Westen“ richtet sich in gewalttätigen Ausbrüchen vorwiegend
gegen die Kosovoalbaner, aber auch gegen KFOR und die internationale Polizei.
Hinzu kommt die Perspektiv- und Arbeitslosigkeit in den Enklaven, die oft zum
Extremismus führt.
Die Festnahme durch KFOR von serbischen Kriminellen und angeblichen
Kriegsverbrechern führt häufig zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Albaner
und Internationale.
In Velika Ho?a, einer serbischen Enklave in der Nähe von Prizren,
versuchen Hardliner immer wieder, die KFOR zu diskreditieren, jedoch scheint es
sich bis jetzt nicht um organisierte Aktionen zu handeln.
Die Aggression der Serben richtet sich jedoch nicht nur gegen Albaner und
Internationale, sondern auch gegen die eigene gemäßigte Gemeinschaft. Laut Vater
Sava attackieren von Belgrad gesandte Radikale die Mitglieder des Serb
National Council, der sich bereit erklärt hat, versuchsweise an der
Übergangsverwaltung des Kosovo teilzunehmen.
- von albanischer Seite:
Mehrere Vorfälle können als Grund für die augenscheinlich steigende Aggressivität der Kosovoalbaner gegen ethnische Minderheiten angesehen werden:
1. Dr. Kouchners Entscheidung – ohne vorherige Absprache mit den 3 führenden
albanischen Politikern Thaci, Rugova and Qosja – den serbischen Enklaven eine
eigene Verwaltung inklusive serbischer Polizisten zuzugestehen.
2. Die oben bereits erwähnte Aushebung eines großen Waffendepots.
3. Die Konfiszierung von Waffen von Individuen und Festnahmen von Albanern.
Diese Aktionen werden als ungerecht empfunden, da viele Albaner den Eindruck
haben, daß Serben ungestraft Waffen besitzen und Straftaten begehen dürfen.
Oberstleutnant Rolf Bardet von der deutschen KFOR in Prizren berichtet von
den Schwierigkeiten im Süden der Provinz.
Ein beispiel ist die serbische Enklave Velika Ho?a, die bis vor einem Jahr
1.600 Einwohner erfaßte. Jetzt wohnen dort noch ungefähr 600 Serben, von denen
200 Kinder sind. Zum Einkaufen werden diese Menschen einmal pro Woche mit
UNHCR-Bussen unter KFOR Begleitung in den Norden in die serbischen
Verwaltungsbezirke Zubin Potok und Leposavic gefahren. Bei jeder Fahrt kehren
bis zu 20 % nicht zu-rück in den Süden. Nach Meinung des Oberstleutnants ist
ihre Lage dort allerdings genauso schlimm wie im Süden: Sie sind weder
willkommen, noch finden sie Arbeit und sind der Gnade Belgrads ausgeliefert.
Das Leben in den Enklaven nennt er „offenen Strafvollzug“. Jegliche Art von
Bewegungsfreiheit ist ihnen untersagt. Sie wollen nicht einmal ihre Felder
bearbeiten, die außerhalb der Enklave liegen aus Angst vor albanischen
Anschlägen. In Velika Ho-?a sind die Zisternen vermint, Wasser muß von außen
gebracht werden.
In Prizren leben noch ca. 60 Serben, davon 40 im orthodoxen Priesterseminar. Auch ihnen ist es weiterhin nicht möglich, sich frei zu bewegen.
Anschläge, Morde, Einschüchterungen betreffen auch die Gorani und Torbesh,
die aufgrund ihrer Sprache um ihr Leben fürchten müssen. Ehemalige
UÇK-Hardliner setzen viele von ihnen u.a. mit Drohanrufen unter Druck und haben
dadurch sogar erreicht, das die Torbesh ab jetzt Albanisch als Erstsprache in
den Grundschulen unterrichten müssen.
Die Kinder aller ethnischen Minderheiten werden mit KFOR zur Schule begleitet,
sofern die Schule außerhalb der Enklave liegt.
Oberstleutnant Bardet zählt die 3 wichtigsten Sicherheitsprobleme in seinem Einzugsbereich auf:
- Schmuggel an den Grenzen zu Albanien
- Übergriffe auf Minderheiten
- Kriminalität
Letztere fängt auch im Süden des Kosovo an, sich gegen KFOR zu richten. Letzte Woche wurden 7 Schüsse auf eine deutsche Militärkaserne abgegeben. Dies ist der erste Vorfall dieser Art und gibt Anlaß zur Sorge.
Nach Meinung des Oberstleutnants verschärfen außerdem einige Maßnahmen von
UNMIK die Aggressionen der Bevölkerung. So besteht UNMIK jetzt auf einer allge-meinen
Baugenehmigung. Häuser, die ohne diese Genehmigung erbaut wurden, sollen wieder
abgerissen werden – die dadurch entstehenden Aggressionen richten sich dann oft
gegen KFOR.
Nicht registrierte Autos werden konfisziert und es drohen Entlassungen durch
die Überbeschäftigung im öffentlichen Dienst . Zudem wird der Bevölkerung
langsam bewußt, daß die gerade abgeschlossene Bevölkerungsregistrierung nicht
nur Vorteile (Reisepaß, Wahlrecht), sondern auch Kosten wie Steuern, Strom- und
Wasser-rechnungen mit sich bringt.
All diese Maßnahmen sind für die Bildung einer Demokratie und Marktwirtschaft
unerläßlich, wurden jedoch nach einjährigem scheinbaren Laissez-faire zu
unmittelbar eingeführt.
Zusätzlich hat sich die Sicherheitslage der Roma und Ashkali verschlimmert.
Trotzdem muß auch hier differenziert werden. Die Ashkali sind eine albanisch
sprechen-de Minderheit, die sich nicht mit den Roma (serbisch sprechend)
identifizieren. Sie empfinden sich als den Albanern nahestehend und leben in
vielen Gemeinden völlig unbehelligt mit Albanern zusammen, z.B. in den
Gemeinden Podujevo/ë, Djakovi-ca/Gjakovë, Uroševac/Ferizaj. Nicht leben können
sie dagegen in den Gemeinden Gnjilane/Gjilan , Vu?itrn/Vushtrri und
Pristina, wo sie der Kollaboration mit den Serben bezichtigt werden.
Im Ahkali-Camp von Obiliç bei Pristina, in dem mehr als 700 Menschen leben gibt
es keinerlei Bewegungsfreiheit für die Bewohner, die zum Teil Häuser im
anliegenden Dorf oder in Pristina selbst haben, die sie sich aber meist nicht
einmal zu besuchen wagen. Allerdings können sie wenigstens im nahegelegenen
serbischen Dorf Ple-mentina ihre Einkäufe erledigen.
Ein Wiederaufbauprogramm der EU sieht 58 Häuser von Roma und Ashkali in ihrer
Begünstigtenliste vor. Laut Aussagen des Lagerverwalters Marko Donati hat
sich jedoch keiner der Begünstigten getraut, das Angebot anzunehmen. Die Angst
ist zu groß. Auch wenn sie bei einem Besuch des Ortes vielleicht nicht einem
Attentat zum Opfer fallen würden, so würden sie sich bei Annahme des Wiederaufbaus
ihrer Häu-ser sicherlich den Haß ihrer albanischen Nachbarn zuziehen.
Herr Donati spricht sich vehement gegen die Rückkehr dieser Minderheitengruppe
aus. Sie seien nicht nur von albanischer Seite aus gefährdet, sondern selbst
unter-einander werden „Zugezogene“ ausgeraubt.
Zudem sieht er ein Problem bei der zukünftigen lokalen Polizei, an deren
objektiver Amtsausübung er zweifelt.
Die Situation der Roma sieht noch negativer aus. In dem Dorf Halaç bei Pristina, wurden Ende Juli 3 Mitglieder einer Romafamilie durch eine an ihrer Gartenpforte angebrachte Granate getötet .
Am 9. August sprachen wir mit dem Roma- und Ashkaliführer Haxhi Zylfi
Merxha, nachdem er einer Besprechung mit Dr. Kouchner und Ibrahim Rugova über
Minderheitenprobleme beigewohnt hatte. Er kritisierte die mangelnden
Sicherheitsvorkehrungen für seine Volksgruppe scharf. So beobachteten wir, daß
die Herren Kouchner und Rugova in gepanzerten Wagen mit einer ganzen Gruppe
Bodyguards davonfuhren, während Herrn Merxha, der sich bedroht fühlt, nichts
von all dem zur Verfügung stand. Seiner Meinung nach steigen die Gewalttaten
gegen Roma an, während er alleine die deutsche KFOR im Süden der Provinz für
fähig hält, seine Minderheit zu beschützen.
3. Politisch motivierte Kriminalität
Bereits im Vorfeld der Kommunalwahlen, die im Oktober stattfinden sollen,
nimmt die Zahl der politischen Verbrechen – unter der albanischen Bevölkerung –
stark zu. In der ersten Augustwoche wurde die zerstückelte und verbrannte
Leiche des Anwalt Shaban Manajt, ein LDK-Mitglied (moderate Partei Ibrahim
Rugovas) von der spanischen KFOR gefunden .
Dies ist bereits der vierte Mord an LDK-Mitgliedern, während andere Politiker
gegen sie gerichtete Attentate überlebt haben.
Auch die Zentrale kosovarische Wahlkommission beschwerte sich über Drohungen
und Gewaltanwendungen gegen ihre Mitglieder .
UNMIK und die internationale Polizei sowie OSZE rechnen mit weiteren Fällen
und einer zunehmenden Einschüchterung der Bevölkerung vor den Wahlen.
4. Spannungen in Mitrovica
Mitrovica war und bleibt der Kernpunkt albanisch-serbischer Spannungen , mit
einem erhöhten Potential für ethnische motivierte Gewaltakte. Seit der
Verhaftung eines Serben im Nordteil der Stadt richtet sich die Aggression der
Serben sogar gegen zivile Organisationen. Laut Aussage eines deutschen UNMIK
Polizisten haben selbst viele Polizisten Angst aus den Autos auszusteigen, drei
wurden kurzzeitig von Serben gekidnappt. Mehrere Soldaten wurden verletzt,
einigen Polizisten wurden unter Morddrohungen ihre Waffen abgenommen.
Humanitäre Hilfe wurde im Norden für eine Zeit lang suspendiert, was allerdings
die Aggressionen der serbischen Bevölkerung noch mehr verstärkte.
Im Mai dieses Jahres waren etwa Hundert Albaner unter KFOR Schutz wieder in
ihre Wohnungen im Norden Mitrovicas repatriiert worden. Nach Angaben Nazia
Hussains von der OSZE Mitrovica sind jedoch in den letzten Wochen viele
von ihnen unter serbischem Druck wieder in den Süden geflohen. Auch viele
Internationale, die im Norden wohnten, sind aus Sicherheitsgründen in den
Südteil umgezogen.
Im Süden der Stadt dagegen leben nur noch 10 serbische Familien, die von KFOR
geschützt werden.
Visar, Mena, Samir und Gjemo sind junge Männer etwa Mitte zwanzig
Jahre alt und stammen aus dem Norden Mitrovicas. Nach ihren Aussagen halten es
nur noch ein paar ältere Albaner dort aus, alle arbeitsfähigen Menschen sind in
den Südteil abgewandert .
Dort sind sie zwar relativ sicher, doch Wohnungs- uns Arbeitsplatzmangel machen
das Leben hart. In den Nordteil trauen sie sich nur in UN-Begleitung, aber es
zieht sie ohnehin nichts mehr dorthin.
In einem der 3 Hochhäuser, die für Albaner im Nordteil reserviert sind, sind
von 23 Familien, die dort vor 2 Monaten noch lebten, ist nur noch eine
zurückgeblieben. Die Hochhäuser befinden sich in einer Sicherheitszone
direkt neben der im Fernsehen oft gezeigte Fußgängerbrücke, die in den
Süden führt. Alle Albaner, die dort leben besitzen einen Ausweis. Will man sie
besuchen, muß man sich bei KFOR einen Meldeschein besorgen.
Visars Eltern hatten ihre Wohnung an einen UNMIK Polizisten vermietet. Die
Wohnung wurde mit Satellitenfernseher, Hifi, usw. für den Mieter ausgestattet.
Vor ein paar Wochen wurde der UNMIK Polizist unter vorgehaltener Pistole von
Serben verjagt, die Wohnung wurde vollständig geplündert.
In den letzten Monaten wurden in Mitrovica Nord 7 Polizeiautos und 4
UN-Fahrzeuge verbrannt.
Die Übergangsbrücken zwischen den beiden Stadtteilen werden aufs Schärfste von
sogenannten serbischen „bridgewatchers“ bewacht.
Mena erzählt, daß seine Schwester vor den Augen der französischen KFOR von Serben verprügelt wurde. Ob diese Aussage der Wahrheit entspricht, konnten wir nicht überprüfen, fest steht, daß die albanische Bevölkerung den Eindruck hat, daß die Franzosen pro-serbisch eingestellt sind und den Franzosen deshalb nicht traut.
Vor einem Monat haben die Serben angeblich allen UN-Polizisten, die im Norden wohnten, ein Ultimatum gestellt, diesen Stadtteil zu verlassen. Um die Drohung zu verstärken, wurden einige Fahrzeuge gestohlen.
Die Bitterkeit der jungen Albaner richtet sich auch gegen die internationale Polizei. Ihrer Meinung nach laufen im Norden Kriegsverbrecher frei herum, während die Polizei im Süden bei kleinsten Verkehrsdelikten eingreift.
In einem neu gegründeten Büro der UN können Albaner angeblich einen Antrag stellen, in dem sie angeben, ob sie zurück in den Norden oder ihre Wohnungen an Serben verkaufen wollen. Dies empfinden die Albaner als reine Provokation der Internationalen. Ob ein solches Büro wirklich existiert, und ob es ein Pendant im Norden gibt, war in der Kürze der Zeit nicht zu überprüfen.
Die internationale Polizei hat in den Augen der jungen Albaner erheblich an Glaubwürdigkeit verloren. Sie empfinden sie als ineffizient und ungerecht.
Mehrere Polizisten mit denen ich sprach und die ungenannt bleiben wollen,
bestätigten, daß sie durch politische Entscheidungen an der Ausübung ihrer
normalen Polizeitätigkeit behindert werden und daß viele von ihnen Aufgaben
übernehmen müssen, für die sie nicht ausgebildet wurden. Zudem hat KFOR die
Polizeihoheit inne, während die Polizei nur im Ermittlungsbereich tätig werden
kann.
Diese Tatsachen, die der Bevölkerung größtenteils unbekannt sind, lassen die UN
Polizei im Kosovo als Farce erscheinen.
5. Preševo Valley – Südserbien
Obwohl die Flüchtlingsströme versiegt sind und man lange nichts mehr von den
Unruhen im hauptsächlich albanisch bewohnten Süden Serbiens hörte, spitzt sich
auch dort seit kurzem die Lage wieder zu .
Die albanische Tageszeitung Zëri berichtete am 11. August von der körperlichen
Mißhandlung von 15 ethnischen Albanern in Trnoc bei Bujanovac durch die
serbische Polizei.
Die albanische Guerillatruppe UÇPMB (UÇK von Preševo, Medve?a und Bujanovac),
provoziert schon seit dem Frühling in der 5 km Sicherheitszone durch Schüsse
und mittlerweile leichte Artillerie, die serbische Polizei (MUP), die diese
Zone nicht betreten darf. Albanische Flüchtlinge berichten von Schlägen,
Einschüchterungen und Drohungen von seiten der MUP. Zudem werden dort erneut
Häuser von Albanern angezündet.
Christina Kaiser
Pristina, 12. August 2000
Die Fußnoten des
Originals (PDF-file http://www.cvizk.de/berichte/berichtjul2000.pdf
)
sind in dieser Internet-Fassung nicht
wiedergegeben !
weitere Berichte (Quelle: http://www.cvizk.de/berichte.htm )
:
Bericht vom Januar 2000 |
|
Bericht Nahrungsmittel Januar 2000 |
|
Bericht Südserbien März 2000 |
|
Bericht vom März 2000 |
|
Bericht vom April 2000 |
|
Bericht vom Mai 2000 |
|
Bericht vom Juni 2000 |
|
Bericht vom Juli 2000 |
|
Bericht vom August 2000 |
Nach Mitteilung vom May 27, 2005 existiert Informationszentrum Kosovo nicht mehr.
Kontaktpersonen (Quelle:
http://www.cvizk.de/kontaktpersonen.htm )
Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V.
Informationszentrum Kosovo
Strombergstr. 11
70188 Stuttgart
Tel.: 0711 - 2633 - 0 Fax-Modem: 0711 - 2633 - 1267
Unsere e-mail Adresse:
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Milan Cesljarevic
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Ansprechpartnerin:
Silke Blumbach
Tel.: 0711 - 2633 1179
Fax: 0711 - 2633 1461
Ansprechpartnerin:
Marija Cutura
Tel.: 0711 - 2633 1150
Fax: 0711 - 2633 1461
Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart
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Seite ergänzt am 01.10.2000
Seite erstellt am 28.09.2000