Bayer. Staatsministerium des Innern - 80524 München
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Herrn
Wolfgang Plarre
Dillinger Straße 41
86637 Wertingen
Ihre Zeichen, Ihre Nachricht vom
14.10.97 |
Bitte bei Antwort angeben
Unser Zeichen IA2-2086.14-59/b |
Telefon
(089) 2192- 2630 |
Zimmer-Nr.
249 |
München
27.10.97 |
Abschiebestopp für Kosovo-Albaner
Sehr geehrter Herr Plarre,
für Ihr o.g. Schreiben danken wir Ihnen im Auftrag von Herrn Staatsminister Dr. Beckstein.
Auch nach Durchsicht der von Ihnen vorgelegten Dokumentation kommt der Erlaß eines Abschiebestopps für Kosovo-Albaner nicht in Betracht. Es ist bekannt, daß nach wie vor die Situation in Kosovo für die dortige Bevölkerung unbefriedigend ist. Jedoch ist es nicht möglich, allen Menschen Aufenthalt in unserem Land zu gewähren, die in ihrem Heimatland unter unbefriedigenden Umständen leben müssen.
Die allgemeine Lage in Kosovo hat nicht einen Stand erreicht, der die Anordnung eines Abschiebestops rechtfertigen würde. Es mag zwar sein, daß u.U. im Einzelfall ein Kosovo-Albaner politischer Verfolgung ausgesetzt ist. Hierfür stellt jedoch die Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren zur Verfügung, in dem die besondere Gefährdung jedes Einzelnen überprüft wird. Wenn ein Asylantrag rechtskräftig abgelehnt worden ist, hat der Betreffende mit keiner Gefährdung zu rechnen. Wenn im Einzelfall tatsächlich eine Inhaftierung vorgenommen wird, kann dies ohne nähere Anhaltspunkte nicht dazu führen, dies zu verallgemeinern. Denkbar ist nämlich auch eine Inhaftierung wegen in Kosovo begangener Straftaten.
Der Erlaß eines Abschiebestopps kommt unter den derzeit bestehenden Gegebenheiten nicht in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
I.A.
Bestätigt
(Siegel)
Winkler, VA
Peißl
Ministerialdirektor
Hausanschrift
Odeonsplatz 3 80539 München |
Besuchszeiten
Mo. - Fr. 8.30 - 11.30 Uhr Mo. - Do. 13.00 - 15.15 Uhr oder nach Vereinbarung |
Öffentl. Verkehrsmittel
U Linien U3 U4 U5 U6 çuuç Linie 53 Haltestelle Odeonsplatz |
Telefon
089 / 2192 - 01 Telefax
|
X.400
S = poststelle 0 = stmi P = bayern A = dbp C = de |
Besonders stört mich der Satz:
Aber hält Ihre Aussage
Ist diese Aussage einklagbar ?
Welche Konsequenzen wird es haben, falls sich jemand, dem das Gegenteil widerfahren ist bzw. widerfährt, darauf beruft - evtl. vor Gericht ?
Ihre Antwort erwartet mit Spannung
.............
Heute (2.11.97) im Gottesdienst sind mir folgende
Liedverse begegnet:
Du hast genug geschlafen. Bedenk, was Gott an dich gewandt, wozu er dich erschaffen. Bedenk, was Gott dir hat gesandt und dir vertraut sein höchstes Pfand, drum magst du wohl aufwachen. Die Wahrheit wird jetzt unterdrückt,
Das helfe Gott uns allen gleich,
Evangelisches Gesangbuch, Lied 145, Strophen
1+5+7
Text und Melodie: Johann Walter 1561
|
An
Herrn Dr. Günther Beckstein
Bayerischer Staatsminister des Innern
Mitglied der Landessynode der Evangelisch-
Lutherischen Kirche in Bayern
80524 München
Abschiebung von Kosovo-Albanern
Offener Brief von Wolfgang Plarre vom 14.10.1997
Antwort Ihres Hauses vom 27.10.1997 ( IA2 - 2086.14-59/b)
Sehr geehrter Herr Minister!
Herr Wolfgang Plarre hat Ihnen in seinem Offenen Brief vom 14.10.1997
den Fall der
Abschiebung eines Kosovo-Albaners aus Wertingen, LK Dillingen/Donau,
differenziert
geschildert und Sie aufgefordert, Abschiebungen nach Kosovo oder FRY
zumindest in
den nächsten Monaten zu vermeiden.
Ministerialdirektor Peißl hat diesen Brief am 27.10.1997 beantwortet.
In diesem Schreiben wird die Forderung nach einem Abschiebestopp zurückgewiesen.
Zwar sei bekannt, daß die Situation im Kosovo "unbefriedigend"
sei. Es sei aber "nicht
möglich, allen Menschen Aufenthalt in unserem Land zu gewähren,
die in Ihrem
Heimatland unter unbefriedigenden Umständen leben müssen."
Politische Verfolgung seien Einzelfälle. Doch dafür gebe es
das Instrumentarium des
Asylverfahrens. Wer hierbei abgelehnt werde, habe nicht mit politischer
Verfolgung zu
rechnen. Wenn es dennoch im Einzelfall zu einer Inhaftierung komme,
dürfe man daraus
keine verallgemeinernde Tatsache schaffen. "Denkbar ist nämlich
auch eine Inhaftierung
wegen in Kosovo begangener Straftaten."
Dazu möchte ich einige Anmerkungen machen:
1. Daß die Situation in Kosovo "unbefriedigend" sei, ist
eine krasse Form der
Untertreibung sowie eine verharmlosende euphemistische
Umschreibung für eine
unhaltbare politische Situation. Es würde
mich sehr interessieren, worauf diese ohnehin
vage und undifferenzierte Einschätzung
beruht.
Die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages
kommt, betreffend die politische
13/5705 des Deutschen Bundestages vom 7.10.1997),
mit den Stimmen der Koalition
sowie der SPD am 30.10.1997 angenommen, ist
im Wortlaut nachzulesen:
"Er (gemeint: der Deutsche Bundestag) bringt
seinen Respekt für die friedfertige
Haltung der Kosovo-Albaner angesichts der
Verletzungen ihrer Menschenrechte durch
die Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien
und die Regierung der Republik
Serbien zum Ausdruck."
Seitens der Bundesregierung begrüßte
der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Helmut
Schäfer, ausdrücklich den interfraktionellen
Antrag.
Die Einschätzung Ihres Hauses entspricht
also nicht der Haltung der Bundesregierung
sowie der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU
(darunter namentlich der Abgeordnete
Michael Glos, der den Antrag mit eingebracht
hat).
Es ist hinlänglich deutlich, belegt durch
Bundesregierung, Bundestag, aber auch durch
Recherchen der Kirchen, Verbände und
anderer Einrichtungen, daß in vielfacher Zahl
und Weise Menschenrechtsverletzungen im Kosovo
stattgefunden haben und
stattfinden. Es ist nicht nachvollziehbar,
daß die Informationen darüber Ihrem Haus
nicht vorliegen sollten.
Natürlich kann man unterschiedlicher Meinung
sein, aber allgemein zugängliche Fakten
oder Darstellungen seitens des Bundestags
oder der Bundesregierung sollte Ihre
Behörde wenigstens zur Kenntnis nehmen.
Ihre Argumentationstechnik, Tatbestände
pauschal und ohne inhaltliche Argumentation
zu ignorieren, halte ich für sehr
bedenklich, ja für inakzeptabel.
2. Das Schreiben Ihres Hauses betont, es sei nicht möglich,
"allen Menschen Aufenthalt
in unserem Land zu gewähren, die in ihrem
Heimatland unter unbefriedigenden
Verhältnissen leben müssen."
Darum geht es aber nicht. Es geht nicht darum,
allen Menschen ausländischer Herkunft
wegen dortiger "unbefriedigender" Bedingungen
unbefristet Aufenthalt zu gewähren,
sondern es geht um die konkrete Gruppe der
Kosovo-Albaner, in deren Heimat
politische Unterdrückung und Verfolgung
an der Tagesordnung sind. Diese Menschen
sollen so lange hierbleiben können, bis
ihnen in ihrer Heimat keine Gefahr der
Verfolgung mehr droht! Das Wort "alle" suggeriert
eine große, nicht näher zu
beziffernde Anzahl. Aber wieviele Kosovo-Albaner
leben denn in Bayern?
Sie argumentieren unsachlich, wenn Sie solche
pauschalen und klischeehaften
Aussagen verallgemeiner Art machen, wenn Sie
aus konkreten Situationen
Grundsatzfragen scheinbar existentieller Bedeutung
machen, wenn Sie statt konkreter
Zahlen unbestimmte Mengenangaben verwenden.
Ich möchte Sie aufforderen, dafür
Sorge zu tragen, daß - bei aller Gegensätzlichkeit
in der Beurteilung einer Sache - in
ministeriellen Schreiben ein sachlicher
und seriöser Ton angeschlagen wird.
3. Immerhin gestehen Sie zu, daß unter Umständen "im
Einzelfall ein Kosovo-Albaner
politischer Verfolgung ausgesetzt ist."
Aber dafür gebe es ein Asylverfahren, bei dem
die Einzelfälle geprüft würden.
Wer rechtskräftig abgelehnt sei, habe auch nicht mit
Repressalien zu rechnen.
Trotz Ablehnung von Asylanträgen kommt
es sehr wohl zu politischer Verfolgung. Auch
das ist dokumentiert. Was glauben Sie, warum
es immer wieder zu Verzweiflungstaten
und Angstreaktionen abgelehnter Asylbewerber
kommt? Die Gleichung, wer abgelehnt
wird, sei auch nicht politisch verfolgt, ist
nur zu oft sachlich falsch! Gerade Sie sollten
wissen, daß eine genaue Prüfung
im Einzelfall an inhaltlichen oder zeitlichen Vorgaben,
an Sprachbarrieren oder schwieriger Beweislage,
an Hilflosigkeit und Angst oder an
Sprachlosigkeit infolge traumatischer Erfahrungen
nur zu oft kaum oder nicht möglich ist.
Sie ignorieren die Fakten und argumentieren
nach dem Motto: Was nicht sein darf,
kann nicht sein. So einfach sollte es sich
ein Ministerium nicht machen!
4. Sie mutmaßen, Inhaftierungen könnten ebenso wegen begangener Straftaten erfolgen.
Natürlich ist das im Einzelfall denkbar.
Aber im Kontext Ihres Schreibens heißt das
doch, der Anspruch auf Asyl könne (im
Einzelfall, wie Sie zugestehen) genausogut
erschwindelt sein, vielleicht handle es sich
bei den Verhafteten ja nur um Straftäter, um
gewöhnliche Kriminelle und mitnichten
um politische Verfolgte.
Sie stigmatisieren damit, ja Sie kriminalisieren
und diskriminieren Asylbewerber aus
dem Kosovo. Diese Technik der Unterstellung
ist eine sehr unseriöse, ja perfide
Argumentationstechnik. Denn sie spricht zwar
von einzelnen, meint im Kontext aber
doch die Gruppe.
Pikanterweise sprechen Sie von Verallgemeinerung,
bei einer Inhaftierung abgelehnter
Asylbewerber politische Hintergründe
zu sehen. Sie vergessen offensichtlich: Es geht
hier um dokumentierte Fälle, nicht um
Mutmaßungen. Man sollte die Fakten nicht ins
Gegenteil verkehren.
Ich möchte Sie als Minister und als Mitglied der Evangelischen
Landessynode auffordern,
sachlich und seriös zu argumentieren, sich umfassend zu informieren
und
verantwortungsbewußt nach christlichen und sozialen Grundsätzen
zu entscheiden.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Weidner
received on Oktober 31 1997 - date of post-mark 10-30-1997
Bayer. Staatsministerium des Innern
- 80524 München
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Mister
Wolfgang Plarre
Dillinger Straße 41
86637 Wertingen
your sign, your letter on
14.10.97 |
Please write in answer
our sign IA2-2086.14-59/b |
Telephone
(089) 2192- 2630 |
Room-No.
249 |
Munich,
27.10.97 |
Stop of deportations of Kosovo-Albanians
Dear Mr Plarre,
on behalf of State Minister Dr.Beckstein we thank you for your letter mentioned above.
Even after a close scrutiny of the documentation provided by you an order to stop deportations of Kosovo-Albanians cannot be considered. It is known that the situation in Kosovo is still not satisfactory for the population there. However, it is impossible to grant residence in our country to all people who have to live under unsatisfactory conditions in their home countries.
The general situation in Kosovo has not reached
a level that would justify an order to stop deportations. It is acknowledged
that an individual Kosovo-Albanian may be subjected to political persecution.
In such a case the Federal Republic of Germany provides for a legal procedure
in which the particular danger for each individual is examined. When an
appeal for
asylum has been finally rejected the person in
question need not reckon on any danger. If in individual cases an arrest
is carried out, this cannot lead to a generalization without a closer examination
of clues, because an arrest for offences committed in Kosovo must
be considered.
Under the present circumstances an order to stop deportations cannot be considered.
Yours sincerely
by order
attested
(Seal)
Winkler, VA
Peißl
Ministerialdirektor
address
Odeonsplatz 3 80539 München |
visit times
Mo. - Fr. 8.30 - 11.30 clock Mo. - Do. 13.00 - 15.15 clock or by arrangement |
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Telephone
089 / 2192 - 01 Telefax
|
X.400
S = poststelle 0 = stmi P = bayern A = dbp C = de |
I am particularly worried about the sentence
Can any people who have made personal experiences
that contradict the
above claims testify against them?
Which reports by international organisations or states on this issue do you know?
But does your claim that
Is this a legally binding statement?
What will be the consequences, if somebody who has experienced the opposite or is experiencing it refers to it in court?
Your response awaits in close attention
.............