Köln, 11.06.99
- Weg für eine großangelegte Initiative zur Demokratisierung und zum Aufbau der von Kriegen in den vergangenen zehn Jahren betroffenen Staaten ist frei.
Die Außenminister der G-8-Staaten, der Europäischen Union und der Balkan-Staaten mit Ausnahme Jugoslawiens haben gestern nachmittag in Köln den Stabilitätspakt für Südosteuropa verabschiedet, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes gestern abend. Damit ist der Weg frei für eine großangelegte Initiative zur Demokratisierung und zum Wiederaufbau der von den Kriegen in den vergangenen zehn Jahren betroffenen Staaten.
Der Balkan-Stabilitätspakt umfaßt 43 Punkte und wurde analog der Schlußakte der Menschenrechtskonferenz von Helsinki verfaßt. Das Papier legt Verhaltensmaßregeln fest, die das neuerliche Aufflammen von Konflikten wie in den vergangenen zehn Jahren in Jugoslawien verhindern sollen. Unter anderem wird darin erklärt, daß es nicht nur "innere Angelegenheiten" sind, wenn sich eines der Länder nicht an die demokratischen Prinzipien und die der UN- Menschenrechtscharta, der Schlußakte von Helsinki und der Charta von Paris hält.
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09.04.99
Die mittel- und langfristige Stabilisierung Südosteuropas liegt wegen der gesamteuropäischen Auswirkungen regionaler Konflikte und Instabilität in unserem außen-, stabilitäts- und sicherheitspolitischen Interesse. Wollen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik sich nicht in ständig neuem Krisenmanagement erschöpfen, muß ein umfassender Ansatz präventiver und nachhaltiger Konfliktlösung in der Region verfolgt werden.
Ziel einer mittel- und langfristig angelegten Politik muß es sein, die Entstehung gewaltsamer Konflikte in der Region zu verhindern, dauerhafte Voraussetzungen für Demokratie, Marktwirtschaft und regionale Zusammenarbeit zu schaffen, und die SOE-Staaten nachhaltig in den euro-atlantischen Strukturen zu verankern. Eine Verhandlungslösung für den Kosovo und deren Implementierung böten für einen solchen Ansatz Chance und Voraussetzung.
Der vom Europäischen Rat in Wien in Auftrag gegebenen Gemeinsamen Strategie der EU für den Westbalkan kommt für die mittel- und langfristige Stabilisierung der Region hohe Bedeutung zu. Abhängig vom Ausgang der Bemühungen um eine Beilegung der Kosovokrise wird Deutschland darüber hinaus mit seinen Partnern in der Europäischen Union die (GASP-)Initiative zu einem STABILITÄTSPAKT FÜR SÜDOSTEUROPA unter dem Dach der OSZE ergreifen. Eine hochrangige internationale Eröffnungskonferenz wäre Startschuß für den Beginn eines langfristigen Stabilisierungsprozesses, der die Staaten der Region mit Vertretern der internationalen Gemeinschaft an einem „Regionaltisch Südosteuropa", darunter mehreren „Thementischen" (Minderheitenfragen, Vertriebenenrückkehr, Wirtschaftszusammenarbeit, „Civil Societies") sowie zu Gesprächen über Rüstungskontrolle zusammenführt. Ziel des Stabilitätspakts sind der Abschluß und die konsequente Umsetzung von bi- und multilateralen Abkommen sowie innerstaatlicher Vereinbarungen, mit denen die politischen und ökonomischen Strukturdefizite und damit das Konfliktpotential der Region überwunden werden können.
I. Konfliktursachen
Das Potential von Strukturdefiziten und ungelöster
Fragen in Südosteuropa konzentriert sich, wenn auch nicht ausschließlich,
in den Partnerstaaten des EU-Regionalansatzes (Albanien, BuH, BRJ, Mazedonien,
Kroatien). Es handelt sich um eine in jeder Hinsicht heterogene Region
– ethnisch, kulturell, religiös, sprachlich, wirtschaftlich und politisch.
Eine Reihe potentieller Krisenursachen läßt sich allerdings
fast durchgängig in allen genannten Staaten ausmachen:
wirtschaftliche Rückständigkeit und hoher Deformierungsgrad der Volkswirtschaften, u.a. durch titoistische Selbstverwaltungswirtschaft, Krieg und Reformstau,
große Defizite bei der Demokratisierung und dem Aufbau ziviler Gesellschaften,
geringe Bereitschaft zum Rückgriff auf Mechanismen friedlicher Konfliktlösung und vertrauensbildender Maßnahmen,
unterentwickelte Strukturen der regionalen Zusammenarbeit.
II. Unsere Interessenlage
Unsere Interessen in Südosteuropa sind weitgehend
gleichgerichtet mit denen unserer Partner. Sie manifestieren sich vor allem
in folgenden Bereichen:
Verhinderung von Armuts-, Kriegs- und Bürgerkriegsmigration,
Verwurzelung von Demokratie, Menschen- und Minderheitenrechten als Ziel wertegeleiteter Außenpolitik,
Aufbau marktwirtschaftlicher Strukturen mit stabilem Wirtschaftswachstum zum Abbau des Wohlstandsgefälles in Europa,
Wirtschaftsinteressen (ausbaufähige Absatzmärkte, Investitionsstandorte).
Zusammenhalt und Glaubwürdigkeit internationaler
Organisationen, in denen wir eine aktive Rolle spielen (EU, NATO, OSZE,
VN).
III. Erfolgsparameter
Eine Strategie zur mittel- und langfristigen Stabilisierung der Region muß folgenden Erkenntnissen und Kriterien Rechnung tragen:
Ein Anspruch, die vielfach miteinander verflochtenen und mitunter jahrhundertealten Konflikte in einem großen Wurf zu lösen, wäre zum Scheitern verurteilt. Es geht darum, einen wirksamen Prozeß in Gang zu setzen, der durch Demokratisierung, Schaffung wirtschaftlichen Wohlstands und verstärkte regionale Kooperation die Voraussetzungen für eine stabile und friedliche Entwicklung Südosteuropas schafft. Eine Schlüsselfunktion hat dabei der Aufbau ziviler Gesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der Minderheitenproblematik.
Impulse und Hilfestellung von außen können die Eigenverantwortung der Staaten bei der Erreichung dieser Ziele nicht ersetzen. Um die Eigenverantwortung zu stärken, sollten positive Anreize regelmäßig an die Erfüllung konkreter Bedingungen geknüpft werden.
Eine nachhaltige Befriedung und Stabilisierung Südosteuropas wird nicht zu erreichen sein, solange die Bundesrepublik Jugoslawien in ihrer Außenseiterrolle verharrt und von ihren Nachbarn (und der Staatengemeinschaft) nicht als Verhandlungspartner akzeptiert werden kann. Bis dahin müssen sich die internationalen Bemühungen vor allem auf die Festigung und das Zusammenwachsen der Stabilitätsinseln in der Region konzentrieren, um in allen Ländern belastbaren Boden für den Übergang der BRJ und der Gesamtregion in eine friedliche und demokratische Zukunft zu bereiten.
Jeder Ansatz zur langfristigen Stabilisierung der Region muß die Nachbarstaaten der Partner des EU-Regionalansatzes - nicht nur wegen ihrer geographischen Nähe - umfassend einbeziehen, ohne allerdings den Prozeß durch zusätzliches Konfliktpotential zu belasten.
Die große Heterogenität der Staaten in der Region erfordert einerseits, an ihren spezifischen Interessen- und Problemlagen sowie dem unterschiedlichen Stand der jeweiligen Transformationsprozesse anzuknüpfen. Andererseits erfordern die den Ländern gemeinsamen Politik- und Strukturdefizite eine ganzheitliche Herangehensweise. Eine Strategie der mittel- und langfristigen Stabilisierung muß beide Ansätze so kombinieren, daß sie sich ergänzen und gegenseitig verstärken.
Die Explosivität der Region war und ist – jedenfalls in einigen Ländern - gekennzeichnet durch hohe Bereitschaft zur Gewalt und ein ihr entsprechendes Potential an Waffen. Stabilitätsbemühungen – das Beispiel Bosnien-Herzegowinas unterstreicht dies – müssen gegensteuernde Ansätze der Rüstungskontrolle (Vertrauensbildung und Abrüstung) einbeziehen.
Eine der wesentlichsten Aufgaben der internationalen
Staatengemeinschaft in der Region besteht darin, die zugespitzte Entscheidungssituation
zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und dem Erhalt der
Einheit multiethnischer Staaten zu entschärfen. Dabei gilt es, den
Grundsatz der Unverletzlichkeit der Grenzen zu wahren.
IV. Handlungsempfehlungen und -instrumente
Wegen seines ausgeprägten Interesses an der Stabilität in der Region sollte Deutschland mit seinen Partnern in der EU die Initiatorenrolle für eine mittel- und langfristige Strategie zur Stabilisierung Südosteuropas übernehmen. Diese Strategie sollte die Ergebnisse bereits existierender Regionalinitiativen wie ZEI und SECI berücksichtigen. Im weiteren Verlauf sollten diese Initiativen dann jedoch Bestandteil der Strategie werden mit dem Ziel eines umfassenden Gesamtansatzes. Eine gemeinsame europäische Politik ist unverzichtbar.
Die vorrangigen Akteure hierfür sind Europäische Union und OSZE. Die EU ist für die Länder der Region wichtigste politische und wirtschaftliche Orientierungsgröße (Kooperation, Annäherung, Mitgliedschaft). Dach einer langfristig angelegten Stabilisierungsstrategie für Südosteuropa kann wegen ihres gesamteuropäischen Charakters jedoch zunächst nur die OSZE sein. Dies gilt um so mehr, als in der OSZE auch die Einbeziehung anderer interessierter Teilnehmerstaaten, z.B. der USA und Rußlands, in eine Stabilisierungsstrategie für Südosteuropa gesichert ist.
NATO, Europarat, Vereinte Nationen und die Internationalen Finanzinstitutionen werden in ihren spezifischen Funktionen für die Stabilisierung Südosteuropas unverzichtbar bleiben. Es wird darauf ankommen, die Stabilisierungsbeiträge aller Beteiligten im Sinne des sich ergänzenden und gegenseitig verstärkenden Institutionen so zusammenzuführen, daß sich ein Mehrwert gegenüber der Summe der Einzelbeiträge ergibt.
1. Europäische Union – Impulsgeber und Transformationsmotiv für Südosteuropa
Die EU kann über ihre bereits eingesetzten Instrumente (Regionalansatz für Kroatien, BuH, BRJ, Mazedonien und Albanien, massives Engagement zum Wiederaufbau von Bosnien und Herzegowina) hinaus noch mehr zur mittel- und langfristigen Stabilisierung Südosteuropas tun:
Erhöhung des politischen Profils der EU in der Region: Gemeinsame Strategie der EU für den Westbalkan (Auftrag des ER Wien) unter Einbeziehung der Nachbarstaaten; Ernennung eines EU-Beauftragten für Südosteuropa bzw. Beauftragung des neuen GASP-GS; Überprüfung des bisherigen EU-Instrumentariums.
Klares und wiederholtes Bekenntnis der EU, daß die Länder der Region eine Beitrittsperspektive haben, selbst wenn diese aus heutiger Sicht in unbestimmter Zukunft liegt. Dies nicht nur aus Gründen der Gleichbehandlung mit den MOE-Staaten. Die Perspektive der EU-Mitgliedschaft ist, wie die Entwicklung der MOE-Staaten gezeigt hat, ein wichtiger Transformationsanreiz. Deshalb können auch nur so die SOE-Staaten dauerhaft auf Stabilisierungskurs gehalten werden. Bei Erfüllung der Voraussetzungen (Ausschöpfung der Handels- und Kooperationsabkommen, Regelung der Minderheitenprobleme) muß die EU auch tatsächlich bereit sein, die Perspektive der Assoziierung zu eröffnen, z.B. im Falle Mazedoniens.
EU-(GASP)-Initiative in der OSZE für einen "Stabilitätspakt für Südosteuropa", in Abstimmung mit den EU-Partnern.
Mittelfristig (nach Rückkehr der BRJ in die OSZE): EU-(GASP)-Initiative in der OSZE zugunsten eines „Stabilitätspaktes Plus" für Südosteuropa. Der französische Außenminister Védrine hat 1998 einen in diese Richtung weisenden Vorschlag gemacht. Deutschland sollte daher zusammen mit Frankreich hier die Führung übernehmen.
2. OSZE – Der Stabilitätspakt für Südosteuropa
Die OSZE muß das Dach für einen Prozess zur mittel- und langfristigen Stabilisierung Südosteuropas bilden. Mittelfristig sollte die EU (GASP) in der OSZE eine Initiative zugunsten eines Stabilitätspaktes für Südosteuropa entwickeln. Vorbild des neuen vorgeschlagenen „Stabilitätspaktes Plus" ist der 1993 von Frankreich angestoßene Stabilitätspakt für Europa, der zu einer verstärkten regionalen Zusammenarbeit der MOE-Staaten in den Bereichen Grenz-/Minderheitenprobleme sowie in Wirtschaftsfragen und zu einer Annäherung an die Europäische Union führte.
Angesichts der besonderen Problemkonstellation
in der Region sollte ein Stabilitätspakt für Südosteuropa
breiter als der Stabilitätspakt von 1994/95 angelegt sein ("Stabilitätspakt
Plus") und die gesamte Palette der regionalen Krisenfaktoren abdecken.
Ein „Regionaltisch Südosteuropa" könnte mehrere Foren oder "Thementische"
umfassen:
Flüchtlings- und Vertriebenenrückkehr,
Wirtschaftsfragen (Vertiefung region. Kooperationsstrukturen/Freihandelszone),
Förderung von Bürgergesellschaften durch Stimulierung des Dialogs zwischen den gesellschaftlichen Eliten der betroffenen Länder.
Ziel dieser institutionalisierten Regionalgespräche
ist der Abschluß von bi- und multilateralen Abkommen sowie innerstaatlicher
Vereinbarungen, mit denen die politischen und ökonomischen Strukturdefizite
und damit das Konfliktpotential der Region überwunden werden können.
Der Stabilitätspakt für Südosteuropa bedarf der politischen Initialzündung in Form einer hochrangigen Eröffnungskonferenz. Diese "Startschußkonferenz" muß in der öffentlichen Wahrnehmung die Zäsur zwischen reaktivem Krisenmanagement und der Eröffnung eines Prozesses zur aktiven mittel- und langfristigen Stabilisierung Südosteuropas markieren. Es muß dabei klar sein, daß dieses Vorgehen nichts mit einer "Balkankonferenz" im Stile des 19. Jahrhunderts zu tun hat und eine solche nicht beabsichtigt ist.
Folgende weitere Überlegungen müssen bei einem Stabilitätspakt für Südosteuropa angestellt werden:
Es wird nicht einfach sein, alle Staaten der Region an einen Tisch zu bekommen. Gründe hierfür sind tiefsitzendes gegenseitiges Mißtrauen und die unberechtigte Befürchtung, zum Objekt europäischer Ordnungspolitik gemacht zu werden. Ähnliche Startschwierigkeiten hatte der Stabilitätspakt für Europa. EU, Europarat, NATO und WEU müssen deshalb die Teilnahme durch ein System positiver und negativer Anreize befördern (Klare Signale: Teilnahme ebnet den Weg in die euro-atlantischen Institutionen, Nichtteilnahme bremst ihn).
Der Stabilitätspakt für Südosteuropa wird der Flankierung durch eine Geber- und Wiederaufbaukonferenz bedürfen. Krisenprävention ist in diesem Fall auch Kostenprävention. Volks- und Staatsgrenzen überschreitende Wirtschafts- und Bildungsprojekte, Investitionen in die Infrastruktur, Projekte in den Bereichen Minderheitenschutz, Institutionenbildung und Medienfreiheit sind dafür notwendig, aber nicht zum Nulltarif zu haben.
Rüstungskontrolle ist ein zentraler Bestandteil des umfassenden Sicherheitskonzepts der OSZE. Regionale Ansätze gemäß Dayton-Abkommen (Annex 1B) sind in zwei Abkommen (Vertrauensbildung in BuH, Abrüstungsabkommen für BuH, BRJ und Kroatien) erfolgreich umgesetzt worden. Jetzt stehen Verhandlungen zur Schaffung eines regionalen Gleichgewichts in und um das frühere Jugoslawien an (Dayton, Annex 1B Art. V). Das von 20 Teilnehmerstaaten aus der Region und der Kontaktgruppe beschlossene Mandat sieht – angesichts der Erfahrung im Kosovo - die Einbeziehung paramilitärischer Streitkräfte vor. Auf längere Sicht muß Ziel die volle und gleichberechtigte Einbeziehung Südosteuropas, vor allem aber der BRJ, in die kooperative Sicherheitsstruktur der OSZE mit ihren Kontrollmechanismen bleiben.
Der Stabilisierungsprozeß muß durch den Aufbau und die Stärkung konkurrenzfähiger und international vernetzter privatwirtschaftlicher Strukturen in der Region begleitet werden. Dies beinhaltet u.a. Unterstützung beim Aufbau eines leistungsfähigen privaten Mittelstandes, Förderung der Privatisierung, Anreize für int. Unternehmenskooperation (u.a. EU-Handelspräferenzen, geeignete Finanzierungs- und Garantiefazilitäten). Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit könnte hierbei eine Katalysatorrolle spielen.
Der Stabilitätspakt für Südosteuropa sollte in der Anfangsphase zunächst auf dem Royaumont-Prozeß aufbauen: (1) der Royaumont-Prozeß ist eine Gemeinsame Aktion der EU, (2) er bildet die bisher einzige von der EU getragene regionale Kooperationsinitiative, (3) BRJ ist volles Royaumont-Mitglied, d.h. der Royaumont-Prozeß kann damit als Propädeutik für den späteren Stabilitätspakt genutzt werden.
Der Stabilitätspakt sollte darauf angelegt sein, auch andere bereits existierende Initiativen zur Förderung der regionalen Kooperation (Südosteuropa-Kooperationsinitiative (SECI), Zentraleuropäische Initiative u.a.) unter einem Dach zusammenzuführen.
3. NATO – sicherheitspolitische Integration und flankierende Stabilisierung
Ebenso wie der EU-Beitritt ist die Aussicht auf NATO-Mitgliedschaft eines der wichtigsten Transformationsmotive für die Staaten Südosteuropas. Es ist deshalb von großer Bedeutung, daß die NATO an ihrer Linie fest- und die Tür für neue Mitglieder langfristig offenhält. Gleichzeitig sollte das Bündnis sein vorhandenes Kooperationsinstrumentarium (EAPR, PfP) für Kroatien, BuH und die BRJ zugänglich machen, sobald diese die Bedingungen erfüllen.
Die NATO muß mittel- und langfristig in Südosteuropa weiter präsent bleiben, in der Konfliktprävention und der Herausbildung modernen sicherheitspolitischen Denkens (EAPR, PfP), bei der Friedenserhaltung (SFOR), aber auch bei der Friedensschaffung.
So wird das Konfliktmanagement der internationalen Gemeinschaft in den Krisenländern der Region weiterhin darauf angewiesen sein, Blutvergießen mit der Androhung und – als letztem Mittel – mit dem Einsatz von Gewalt abzuwenden. Das militärische Potential der NATO bleibt damit für die Glaubwürdigkeit westlicher Diplomatie in der Region unverzichtbar.
Die gegenwärtig im NATO-Rat erörterten
Vorschläge, die auf bestmögliche Nutzung der Euro-Atlantischen
Partnerschaft und der Partnerschaft für den Frieden zur Verbesserung
von Stabilität und Sicherheit in Südosteuropa zielen, sind ein
sehr wertvoller und wichtiger Beitrag zu diesem Stabilitätspakt. Die
Vorschläge sind ein gutes Beispiel, wie die Ziele des Pakts auf praktische
Weise für die Partner der NATO in der Region implementiert werden
können. Allerdings sollte sich jede Initiative in diesem Rahmen auf
Aufgaben und Ziele der NATO im Bereich der Sicherheitspolitik beschränken.
V. Zivile Gesellschaft als Aufgabe des politischen Mikromanagements
Die Entwicklung ziviler Gesellschaften hat Schlüsselfunktion
für eine stabile und friedliche Entwicklung in der Region. Schwerpunkt
komplementärer Maßnahmen des vorgeschlagenen multilateralen
Stabilisierungsansatzes sollte deshalb die Förderung des allmählichen
gesellschaftlich-politisch-ökonomischen Wandels in den Staaten Südosteuropas
sein. Die Internationale Gemeinschaft engagiert sich hierbei bereits auf
folgenden Gebieten:
Schaffung hinreichender Existenzgrundlagen für das Gros der Bevölkerung,
Förderung der inneren und grenzüberschreitenden, Flüchtlingsrückkehr,
Professionalisierung und Demokratisierung der Streitkräfte,
Aufbau unabhängiger Medien und Nichtregierungsorganisationen,
Wirtschafts- und Gesetzgebungsberatung, Aus- und Weiterbildung von Führungskräften in Politik und Wirtschaft, Förderung des privaten Sektors.
Diese Maßnahmen bilateraler und multilateraler
Geber müssen kurz-, mittel- und langfristig fortgeführt und zu
einem auf prioritäre Bereiche ausgerichteten Kooperationsansatz fortentwickelt
werden.
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Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa ist die Nachfolgeorganisation der KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), die in den frühen 70er Jahren als multilaterales Forum für den Dialog zwischen Ost und West gegründet wurde. Die OSZE umfaßt heute 55 Teilnehmerstaaten von Vancouver bis Wladiwostok, einschließlich der USA, Kanadas und aller Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Kooperationsverträge bestehen außerdem mit sechs Mittelmeeranrainerstaaten, mit Japan und der Republik Korea.
Ende des kalten Krieges
Die von den Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerstaaten der KSZE am 1. August 1975 unterzeichnete Schlußakte von Helsinki hat - obwohl kein völkerrechtlicher Vertrag - mit ihrem Regelwerk politischer Verpflichtungen Maßstäbe für den Prozeß der Entspannung zwischen West und Ost, für Annäherung und Zusammenarbeit gesetzt.
Mit der Charta von Paris für ein neues Europa (November 1990) besiegelten die KSZE-Teilnehmerstaaten das Ende der Teilung des Kontinents. Sie bekräftigten, daß für die Festigung von Frieden und Sicherheit die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte unverzichtbar sind. Die KSZE erhielt Institutionen und Mechanismen zur Durchsetzung ihrer Prinzipien: den KSZE-Rat der Außenminister, den Ausschuß Hoher Beamter, das KSZE-Sekretariat, das Konfliktverhütungszentrum und das Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte.
Auf dem vierten KSZE-Folgetreffen in Helsinki (Juli 1992) wurde das Amt des Hohen Kommissars für nationale Minderheiten geschaffen, beim Stockholmer Ratstreffen (Dezember 1992) das des Generalsekretärs. Durch die Beschlüsse des Helsinki-Gipfels wurde die KSZE darüber hinaus erstmals auch zur Durchführung friedenserhaltender Maßnahmen ermächtigt, die die Zustimmung der direkt betroffenen Parteien erfordern und keine Zwangsmaßnahmen umfassen.
Neue Organisation
Auf dem KSZE-Treffen 1994 in Budapest änderten die Teilnehmerländer den Namen in "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (OSZE) und brachten damit zum Ausdruck: die gemeinsamen Treffen sollten nicht länger nur als eine Konferenz, sondern unter dem Dach einer dauerhaften Organisation stattfinden. Ziel der OSZE ist es, die Achtung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten, der Regeln der Demokratie und der Rechtstaatlichkeit zu fördern. In Arbeitsteilung mit anderen internationalen Organisationen gehören Frühwarnung, Konfliktprävention und Krisenmanagement bei internationalen Konflikten zu ihren Aufgaben.
Als Beitrag zu einer neuen Sicherheitsstruktur
für Europa dient die OSZE darüber hinaus als Rahmen für
konventionelle Rüstungskontrolle und vertrauensbildende Maßnahmen.
Der amtierende Vorsitzende, der Außenminister eines Mitgliedstaates,
trägt die Verantwortung für alle Aktionen. Er handelt im Rahmen
einer Troika, die aus dem vorigen, derzeitigen und nachfolgenden Vorsitzenden
gebildet wird.
OSZE und die EU
Der Vertrag über die Europäische Union verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, die Prinzipien der KSZE-Schlußakte von Helsinki sowie der Charta von Paris zu achten und zu fördern. Die EU ist eng in die Arbeit der OSZE integriert und nimmt seit 1990 als Beobachterin an Folge- und Expertentreffen teil.