Quelle: http://www.cvizk.de/berichte/berichtsep2001.pdf
[Fußnoten des Originals sind hier in den Text eingefügt]
Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina
Bericht September/ Oktober 2001
Der Kosovo zwei Jahre nach Kriegsende
1 - Einleitung
2 - Mazedonien
3 - Minderheiten und allgemeine Sicherheit
4 - Wirtschaftliche Lage
5 - Wiederaufbau/ Besitzansprüche
6 - Pharmazeutische Situation
7 - Geistig behinderte Menschen
8 - Verschiedenes
1 - Einleitung
Dieser Bericht versteht sich als eine Art Bilanz der bisherigen
Tätigkeit, ohne Anspruch auf absolute Vollständigkeit - dafür
war der
Zeitraum für Nachforschungen zu kurz.
Jetzt, im dritten Jahr nach Ende des bewaffneten Konflikts, verstärkt
sich die Problematik der Rückkehr aus Gastländern ganz dramatisch.
Nachdem im ersten und teilweise auch im zweiten Jahr viele Kosovaren
freiwillig zurückkehrten, hat dies mittlerweile vollkommen nachgelassen.
Die Einzelanfragen an die Infostelle sind kaum noch zu bewältigen,
auch,
da sie mittlerweile selbst aus England kommen.
Das Department für Wiederaufbau (EU/UNMIK) bat mich vor kurzem
herauszufinden, was für eine Kategorie Flüchtlinge sich noch
in
Deutschland aufhält. Selbst der UNHCR in Berlin konnte mir keine
erschöpfende Auskunft geben, aber nach den Aussagen der Rückkehrer
in
unserem Büro und der Flut an Einzelanfragen bekam ich folgenden
Eindruck. Es handelt sich offensichtlich zum großen Teil um Menschen,
die:
- schwer krank sind
- niemals ein Haus im Kosovo besaßen und - schwerwiegender
- kein Land besitzen
Im Hinblick auf diese Zielgruppe wird dieser Bericht vor allem die dazu
relevanten Themen behandeln.
2 - Mazedonien
Konflikte, die wie in Mazedonien durch Druck von außen und die
bekannte
"Zuckerbrot und Peitsche" - Methode geschlichtet werden, sind selten
von
Dauer. Der größte Gewinn ist meist nur die Abwesenheit von
Gewalt, die
durch militärische Friedenstruppen gewährleistet wird.
Wenn die tiefer liegenden Interessen und Bedürfnisse aller
Konfliktparteien nicht berücksichtigt werden, so wird das Ergebnis
des
durch Mediatoren verhandelten Friedens maximal als "win-lose"- Resultat
betrachtet werden, d.h. eine Partei gewinnt und die andere verliert.
So auch in Mazedonien. Die slawische Bevölkerung hat von Anfang
an nicht
verhehlt, daß sie sich als Verlierer betrachtet. Objektive
Konfliktdimensionen, d.h. Lebensraum, mehr Rechte in der Politik, sind
subjektiven Dimensionen (Gefühlen wie Ärger, Angst, Frustration,
Haß,
usw.) gewichen, die - vernachlässigt man sie bei Friedensverhandlungen
-
ein ebenso wichtiger Gewaltfaktor werden können, wie die objektiven
Dimensionen.
Trotz der internationalen Mediatoren wurde in Mazedonien nur erreicht,
dass nun blanker Hass und Angst herrscht, was in dieser Form vorher
so
nicht existierte.
Es war offensichtlich, daß dieser mehr als trügerische "Frieden"
nicht
lange halten würde. Seit dem 12. November ist die Gewalt wieder
ausgebrochen, in Form von Morden und Entführungen. Die Grenze
zum Kosovo
ist erneut bis auf weiteres geschlossen.
Im Kosovo selbst laufen fieberhafte Vorbereitungen für die Wahlen
am 17.
November. Das Land erstickt in Wahlplakaten, die alle eines gemeinsam
haben: Die übergroße Zurschaustellung der albanischen Flagge.
Noch immer haben alle Politiker nur einen Slogan: Die Unabhängigkeit
der
Provinz.
Gewalttaten gab es nur wenige (relativ gesehen natürlich): 3 Morde,
darunter an einem Journalisten.
3 - Minderheiten und allgemeine Sicherheitslage
Ansonsten berührt Einheimische wie Internationale nur ein Thema
wirklich: Die Stromversorgung, die noch schlechter als im Winter
1999/2000 ist. Bis zu 10 Stunden Stromausfall am Tag (manche Gegenden
haben nur 2 Stunden Strom pro Tag). Noch sind die Temperaturen
erträglich, aber es wird mit einem ebenso harten Winter wie 1999
gerechnet, als die Temperaturen auf bis minus 30 Grad sanken.
Im letzten Winter erfroren 9 Roma in einem einzigen Lager im serbischen
Nordteil des Landes. Vor 2 Wochen besuchte ich zwei dieser Lager, die
neben anderen von der französischen Caritas [Gespräch mit
Caritas France
und Besuch der Lager am 24.10.01] betreut werden.
Selbst im serbischen Norden werden die Roma allenfalls geduldet, manche
Lager müssen von der KFOR bewacht werden. Wie im albanischen Süden
hängt
die Duldung von den einzelnen Regionen ab.
Es gibt drei Lager im Norden, in Mitrovica, Zvecan und Leposavic.
Während es den Roma in Leposavic verboten ist, Häuser zu
bauen (selbst
bei internationaler Hilfe), bestand der Bürgermeister von Zvecan
dort
auf eine relative Integration der Roma. Sie wohnen in kleinen Baracken,
am Rand der Stadt, die eigentlich, von weitem gesehen, ganz in Ordnung
zu sein scheinen. Der Schein trügt. Genau dort erfroren die 9
Menschen
letztes Jahr und genau dort könnten auch in diesem Winter wieder
Menschen erfrieren. Die Baracken bestehen aus dünnen Brettern
mit
zentimeterbreiten Lücken, durch die der eisige Wind fegt. Sie
sind
unmöglich warm zu halten und mehr Baumaterial bekommen sie nicht.
Die
sanitären Umstände sind nach wie vor unbeschreiblich. Bei
diesen Roma
handelt es sich um vormals wohlhabende Familien, aus einer kleinen
Siedlung, die zwischen "den Fronten" (Nord- und Süd Mitrovica)
lag und
in den ersten Tagen der Rückkehr von Albanern dem Erdboden gleichgemacht
wurde. Diese Siedlung kann aus Sicherheitsgründen nicht wieder
aufgebaut
werden. Das Lager in Leposavic sieht jedoch bei weitem noch schlimmer
aus.
Die Schulbildung der Roma im Nordkosovo sieht besser aus als im Süden,
wo sie nur bis zum Ende der Grundschule gewährleistet ist.
Obwohl die Roma im Norden zum größten Teil nur albanisch
sprechen und
somit nicht in serbische Schulen gehen, können sie nun bis zum
13.
Lebensjahr zur Schule gehen, da u.a. Caritas ihnen eigene kleine Schulen
bereitstellt. Sprechen sie kein serbisch ist auch dann Schluß
mit der
Ausbildung.
Mittlerweile werden die Kinder ab 3 Jahren nur in serbisch unterrichtet.
Sie sind in einem Schulgebäude untergebracht, jedoch durch eine
Mauer
von den serbischen Kindern getrennt.
Trotz all dieser Fortschritte wollen nur 40% der dortigen Roma sich
integrieren. Auch bei der serbischen Bevölkerung fühlen sie
sich nicht
sicher.
Diese Aussagen stehen im Einklang mit den Ergebnissen einer kürzlich
von
UNHCR/OSZE durchgeführten Untersuchung [UNHCR/OSCE Assessment
of the
Situation of Ethnic Minorities in Kosovo, (Period covering March through
August 2001) ]. Zwar ist die Anzahl von gewalttätigen Überfälle
gesunken, doch die tägliche Einschüchterung und verbale Belästigung
beeinträchtigen die Lebensqualität der Minderheiten erheblich.
Der Grund
dafür, daß diese Erlebnisse nicht mehr der Polizei gemeldet
werden,
liegt darin, daß sie in der Vergangenheit meist nicht verfolgt
wurden
und dadurch das Vertrauen zur Polizei verschwunden ist.
UNHCR und OSCE genauso wie ich sind von der Beständigkeit des relativen
Friedens jedoch nicht überzeugt. Allein im August und September
meldete
die Polizei rund 20 Angriffe auf Minderheiten, darunter die Morde an
einer 78-jährigen Serbin und einem serbischen Bauern. Die Tatsache,
daß
dies mittlerweile als geringe Anzahl gilt, zeugt nur von einer
Abstumpfung, nicht von einer wirklichen Besserung der Lage.
Ein Schlüsselfaktor für die relative Beruhigung der Situation
ist
sicherlich die verbesserte Arbeit des Justizsystems. Die unkontrollierte
Macht der TMK (ehemalige UCK Kämpfer), die erwiesenermaßen
oft an
Überfällen auf Minderheiten beteiligt waren, wird endlich
beschnitten.
Einige Angehörige der TMK sind festgenommen oder aus der TMK entlassen
worden. Dies gibt eine eindeutige Botschaft an die Bevölkerung.
Auch die lokale Polizei entwickelt sich, doch noch ist die Akzeptanz
der
Bevölkerung nicht gegeben. Ein Polizist wurde getötet und
einer
verletzt, als sie einen Dieb festnehmen wollten. Auch inoffizielle
Berichte über die Zusammenarbeit der lokalen Polizei mit organisierter
Kriminalität lassen die Sicherheitslage im allgemeinen in keinem
allzu
optimistischen Licht erscheinen.
Die geteilte Stadt Mitrovica stellt einen ständigen Stein des Anstoßes
dar. Wie Brcko in Bosnien, so ist der ungelöste Status der Stadt
ewiger
Grund zur Frustration und damit Auslöser für Gewalt in der
ganzen
Provinz. Obwohl die Brücke zwischen Nordund Südteil den Bewohnern
offensteht, benutzt sie kaum jemand. Die Angst sitzt zu tief. Erst
jetzt, 2 Jahre nach dem Krieg, wird endlich massiv gegen die sogenannten
bridge-watchers vorgegangen, junge Serben, die Albaner einschüchtern
und
am Betreten des Nordteils hindern.
Durch den bisherigen Mangel an Engagement hat die UNMIK Polizei und
KFOR
noch immer den Ruf mit Verbrechern Kompromisse einzugehen, was ihrer
Autorität nicht gerade zugute kommt.
Folgendes Beispiel gibt einen Einblick in die wahre Lage: Der serbische
Mitarbeiter der Caritas France erklärte sich einverstanden, uns
mit dem
Auto mit in den Südteil der Stadt zu fahren. Selbst fahren durfte
er
nicht und als ich an einer Mülltonne kurz anhalten wollte, wurde
mir
dies untersagt. Auch nur eine Minute anhalten und die Autotür
öffnen
könnte für den serbischen Mitfahrer schon lebensgefährlich
werden.
Die Situation der eingeschränkten Bewegungsfreiheit für die
meisten
Minderheiten hat sich seit dem letzten Bericht nicht wesentlich
geändert.
Nach Ansicht von Stefan Müller, dem Minderheitenbeauftragte der
OSZE [3
Gespräch am 19.10.01], wäre es sicherlich grundsätzlich
einfacher, Roma
[hier wird der Name Roma stellvertretend für Roma, Ashkali und
Ägypter
verwendet] in den Kosovo zurückzuführen, da sie im Gegensatz
zu den
Serben immer mit Albanern zusammengelebt haben, aber es gibt keinerlei
Rückkehrprogramm für diese Menschen. Zudem lehnen immer noch
viele aus
Sicherheitsgründen Wiederaufbauhilfe für ihre Häuser
ab. Laut Herrn
Müller, der sich besonders um Roma kümmert, kennt er keine
einzige
Person dieser Volksgruppe, die nicht Angst im Kosovo hat. Wie sollen
dann die noch verhassteren Serben sich hier wieder einleben können?
Die wenigen Roma, die sich zurück trauen, assimilieren sich völlig
und
geben ihre Kultur aus Sicherheitsgründen auf.
Zudem werden gerade die Häuser von Minderheiten, die oft in teuren
Wohngebieten liegen, von Albanern besetzt, die natürlich keinerlei
Interesse an der Rückkehr dieser Menschen haben. So sind Einschüchterung
und Attacken häufig wirtschaftlicher Natur unter dem allseits
akzeptierten Deckmäntelchen der Rache.
Dennoch gibt es auch positive Fälle, die jedoch leider oft unterminiert
werden. In einem Dorf im Nordosten des Kosovo forderte die Bevölkerung
in einem öffentlichen Brief die Rückkehr "ihrer" Roma. Da
die
Nachbardörfer jedoch dagegen waren, wurde jeglicher
Unterstützungsversuch seitens Internationalen Gemeinschaft einfach
aufgegeben. Gibt UNMIK diesem Druck immer wieder nach, anstatt solche
Aktionen aufzugreifen und zu fördern, wird nicht nur die Glaubwürdigkeit
der UN sehr leiden, sondern der allgemeine Glaube der Kollektivschuld
legitimiert.
So sehr sich die internationale Gemeinschaft auch bemühen mag,
eine
multikulturelle Einstellung zu fördern, so wenig zeigt sich dies
in
Fakten. Von den 1103 Kosovaren, die für die 20 Regierungsabteilungen
arbeiten, sind ca. 7 Türken, 2 Serben, 5 Bosniaken und kein einziger
Roma. Die im Anschluß genannten Bevölkerungszahlen ergeben
jedoch, daß
sich dies statistisch nicht begründen läßt.
Laut UNHCR und OSZE lauten die Zahlen der verbleibenden Minderheiten
im
Kosovo wie folgt:
Serben - ca. 66.000
Roma - ca. 32.000
Bosniaken - ca. 32.000
Gorani - ca. 12.000
Türken - ca. 15.000
Kroaten - ca. 370
Der erpresste Verkauf von Eigentum durch organisierte Verbrechergruppen
betrifft oft auch Albaner. Der Mangel an funktionierender Polizei und
Justiz macht solche Verbrechen möglich. Wenn also selbst Albaner
sich
nicht wehren können, dann haben Minderheiten sicher erst recht
keine
Chance.
Insgesamt hat es in den letzten zwei Jahren nur sehr vereinzelte Fälle
von freiwilliger Rückkehr gegeben. Wie UNHCR und OSCE bestätigen,
kann
organisierte Rückkehr nicht nur logistischer Natur sein, d.h.
das
Bewegen von Menschen von einem Ort zum anderen, sondern muß einem
Integrationsprozess unterworfen sein. Wird diese Rückkehr nicht
langsam
und vorsichtig geplant, d.h. werden Misstrauen und Ängste nicht
berücksichtigt, dann riskiert man den gleichen Ausbruch von Gewalt
wie
jetzt wieder in Mazedonien
4 - Wirtschaftliche Lage
Wenn auch die Unabhängigkeit des Kosovo weiterhin der Slogan der
kosovarischen Politiker bleibt, so ist ihnen doch auch langsam bewußt
geworden, daß es den Ausgang der Wahlen sehr beeinflussen kann,
wirtschaftliche Verbesserung zu versprechen. Beeinflußt von der
Politik
der internationalen Verwaltung stürzen sie sich nun auf eine Hoffnung:
die Privatisierung der Staatsunternehmen. Doch übersehen sie dabei,
daß
Privatisierung allein nicht der Schlüssel zu Wohlstand ist.
Ronald Ashkin, ein Wirtschaftsexperte von USAID (United States Agency
for International Development) [Gespräch am 1.11.01] warnt vor
falschen
Hoffnungen:
"Privatisierung ist nötig aber wir müssen realistisch sein.
Viele
Arbeitsplätze werden verloren gehen, zahlreiche Bankrotte werden
folgen." [Interview in Koha Ditore, 26.10.01]
Nur 10% der Privatisierungen in ehemaligen sozialistischen Ländern
waren
nicht von Entlassungen gefolgt.
Auch nach Ansicht von Vladimir Gligorov vom European Centre for Minority
Issues [Vladimir Gligorov: Kosovo/a Civil Society Project, Kosovo/a
Standing Technical Working Group, Background Paper: The Economic Future
of Kosovo] ist nicht das Erbe der Selbstverwaltung das Problem Kosovos,
sondern der Zustand der Gesetzlosigkeit. Spontane Privatisierung unter
diesen Umständen käme demnach einem Diebstahl gleich.
Laut Ronald Ashkin kommen weitere Probleme hinzu: die imitative (es
gibt
praktisch nur Tankstellen, Schwimmbäder, kleine Läden, die
alle dasselbe
verkaufen und Restaurants/ Cafes im Kosovo) und vom Nationalismus
geblendete Mentalität, die den Fehler für immer bei anderen
suchen.
Diese Ansicht ist mittlerweile ziemlich einstimmig bei UNMIK. Es stimmt
allerdings auch, dass die anhaltende Bevormundung von internationaler
Seite eventuelle Initiativen ziemlich eindämmt.
Die aktuelle wirtschaftliche Lage sieht folgendermaßen aus:
Das Gesamteinkommen des Kosovo beträgt derzeit rund 4,5 Milliarden
DM.
Davon kommen fast 50% von außen, d.h. von Spenden und Diasporasendungen.
Im Vergleich dazu kommen in El Salvador oder Armenien, die
bekanntermaßen ebenfalls stark von Auslandsüberweisungen
abhängen, nur
10% des nationalen Einkommens nicht aus dem Ausland (Ashkin, Weltbank).
Die Auslandsüberweisungen in den Kosovo werden jedoch ab 2002
immer
stärker zurückgehen, eine Lücke wird entstehen. Die
schnell wachsende
Bevölkerung, die die meisten Kososvaren noch immer als ihren Stolz
und
eine Notwendigkeit ansehen, wird wirtschaftlich gesehen bald zu einem
Desaster führen: Das Einomen pro Kopf wird dadurch ebenfalls immer
mehr
sinken.
Hier noch ein paar Zahlen zur Verdeutlichung der aktuellen Situation
[Alle Zahlen von USAID, Weltbank, der Steuerbehörde, und des Departments
für Arbeit]:
- Die Wirtschaftswachstum liegt momentan ziemlich hoch (3%).
- Die offizielle Arbeitslosigkeit liegt zwischen 60 und 80 %, ohne
Berücksichtigung des informellen Wirtschaftsektors,
(Zigarettenverkäufer, usw.)
- Das durchschnittliche Einkommen beträgt 592 DM (verfälscht
jedoch vor
allem durch die hohen Gehälter im internationalen Bereich).
- Fremdinvestitionen: nahe Null
- Export: nahe Null
- Import: 85%
- Stärkste Wirtschaftssektoren:
Handel/Import
Landwirtschaft
Baugewerbe
- Wachstumsraten pro Sektor:
Landwirtschaft: + 5%
Baugewerbe: - 30%
Aufgrund dieser Daten wird offensichtlich, daß die Wirtschaft
des Kosovo
international kaum konkurrenzfähig ist.
Um die Lücke, die durch Reduktionen an Spenden- und Diasporageldern
entstehen wird, füllen zu können, müsste das Wirtschaftswachstum
im
Kosovo auf 15% steigen - eine Illusion schon alleine Im Hinblick auf
die
weltweite Rezession.
Auch der Durchschnitt der Gehaltshöhen wird durch den Weggang der
internationalen Organisationen, Massenentlassungen (alleine im
Energiesektor sind 2-3.000 Entlassungen geplant), Privatisierungen
und
des Bevölkerungswachstums sinken.
Schon jetzt ist die Stimmung, vor allem bei jungen Menschen, denkbar
pessimistisch,
da täglich gut bezahlte internationale Posten wegfallen.
Der Kosovo steht nicht alleine im Balkan als nicht-exportierendes Land,
aber seine Situation ist besonders drastisch. Mit nahe 0% Export und
85%
Import besteht kein Handelsgleichgewicht, die eigene Produktion ist
nicht geschützt und es wird immer nur soviel eigenproduziert werden
können, wie auf dem eigenen Markt abgesetzt werden kann.
Zudem ist der Zugang zu den Märkten und der Transit durch die
Nachbarländern, sehr begrenzt. Nur mit Albanien hat der Kosovo
ein
"normales" Handelsverhältnis, doch bestehen auch in diesem Fall
infrastrukturelle Probleme.
Fremdinvestitionen bleiben noch immer aus den bereits in früheren
Berichten genannten Gründen aus (z.B. Infrastruktur, politischer
Status,
Mangel an qualifizierten, billigen Kräften, etc). Eine italienische
Konsultantfirma behauptete ironisch, daß der einzige Grund, im
Kosovo zu
investieren der Mangel an Transparenz sei. Zitat: "Investition im Kosovo
ist ein verlorenes Spiel. Zu undurchsichtig und kriminell." [Ronals
Ashkin zitiert einen Italiener. Übersetzung CK.]
Dieser Mangel macht es dubiosen Geschäftemachern hier sehr leicht,
auf
gesetzlose Art reich zu werden.
Korruption ist immer noch kein Thema, denn was ist schon illegal in
einem illegalen Staat? Es gibt kein etabliertes Steuersystem, also
wen
sollte man bestechen, um keine Steuern zu zahlen?
Die Zölle sind zwar eine andere Geschichte aber es ist offensichtlich,
daß Korruption an den Grenzen bereits blüht.
Die Liste der Probleme ist lang. Außer den bereits genannten behindern
noch andere Faktoren das wirtschaftliche Wachstum:
- sehr kleine meist Familienunternehmen
- sehr wenige Unternehmen führen Buchhaltung
- der informelle Sektor ist wahrscheinlich größer als der
formelle
- ein unterentwickeltes Bank- und Kreditsystem
- übermäßige Abhängigkeit des Außenhandels
von Zöllen
Noch immer vertrauen Kosovaren nicht auf Banken. Anstatt in Produktion
und Firmen zu investieren, was der allgemeinen Wirtschaft zugute kommen
würde, sichern die meisten Familien momentan ihr ganzes Erspartes
über
den Hausbau. Sieht man sich einmal in den Wohnvierteln von Pristina
um,
wird dies deutlich. Doch alleine in einem einzigen dieser Viertel sind
fast die Hälfte dieser Paläste unfertig - das Geld ist mitten
im Bau
ausgegangen, kein Gewinn für Individuen wie für die Wirtschaft.
Allgemein wird der ungeklärte politische Status für die desolate
Wirtschaft verantwortlich gemacht. Ashkin sieht den Grund eher in der
Mentalität (Teppichhändlermentalität). Es scheint, daß
alle die Luft
anhalten und erst dann "loslegen" wollen, wenn die Unabhängigkeit
endlich erreicht ist.
Doch effizienter Handel und Produktion könnte auch ohne diesen
Widerstand, der vor dem Krieg notwendig war, jetzt jedoch völlig
kontraproduktiv ist, stattfinden.
Weitere Mentalitätsprobleme sind zum einen die allgemeine Akzeptanz
von
Manipulation. Ein Wirtschaftsexperte prüfte dutzend von Firmen
im
Kosovo. Dabei stellte sich heraus, daß 8 verschiedene Arten von
Manipulation systematisch und ganz offen benutzt werden.
Niemand hat Arbeit im Kosovo, doch alle haben Handys. Nach Ronald
Ashkins Meinung ist diese Kurzzeit-Konsum-Mentalität ein großes
Hindernis. Viele haben Geld, doch weder Vision noch Strategie, um dies
zu vermehren.
Die wirtschaftliche Zukunft des Kosovo sieht demnach schlecht aus -
sowohl aus äußeren wie auch aus inneren Gründen.
5 - Wiederaufbau/ Besitzansprüche
Seit Ende des Krieges sind ungefähr die Hälfte aller zerstörten
Häuser
wieder aufgebaut worden (Davon allerdings nur 3% für Minderheiten).
Ungefähr ein Fünftel davon durch private Mittel.
Laut Raija Hynynen[Gespräch am 22.10.01] vom ehemaligen Department
für
Wiederaufbau (jetzt unter dem Department für Finanzen und Wirtschaft,
Umwelt und Raumplanung) sind noch 40.000 Häuser wiederaufbaubedürftig.
Einige dieser Häuser werden allerdings wahrscheinlich nie mehr
bewohnt
werden, da viele Menschen entweder ins Ausland oder in städtische
Gegenden gezogen sind.
Nach einer Umfrage benötigen nur ein Viertel der Besitzer dieser
Häuser
internationale Hilfe.
Rückkehrer sind in diese Statistik nicht miteinbezogen!
Auch Minderheiten sind nicht berücksichtigt worden.
Auch beim Wiederaufbau gehen die finanziellen Mittel zurück. Realistisch
gesehen, werden im Jahr 2002 ungefähr 4 - 5.000 Häuser von
internationaler Seite wiederaufgebaut werden können. Um auf eine
Begünstigtenliste zu kommen, wird noch härtergekämpft
werden als in den
vergangenen Jahren und Rückkehrer ebenso wie Minderheiten dürften
dabei
am Ende der Schlange stehen.
Ein Kosovo Kreditprogramm für Wiederaufbau ist geplant, doch wie
ein
berühmter Amerikaner so treffend bemerkte: Banken sind Institute,
die
Geld verleihen, wenn man beweisen kann, daß man keines braucht.
Genauso sieht es mit diesem Programm aus: Es ist NICHT für wirklich
bedürftige Menschen und bisher nur geplant.
In einem meiner früheren Berichte erwähnte ich, daß
Sozialwohnungen
geplant seien Dies wurde von den deutschen Behörden im Fall einer
alleinerziehenden Mutter als Grund genannt sie in den Kosovo
zurückzuschicken.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle betonen, daß dieses Programm
eine
reine Idee war, für die es weder konkrete Pläne noch finanzielle
Mittel
in irgendeiner Form gibt!
9
Vor einiger Zeit berichtete ich davon, daß Minderheiten oft gezwungen
werden, ihren Besitz zu verkaufen. Die Reaktion von UNMIK war ein Gesetz
gegen solche Transaktionen.
Daniel Lewis[Gespräch am 12.11.01] von HABITAT (Kosovo Katasteramt),
erklärte mir nun, daß die einzige Folge dieses Gesetztes
ist, daß diese
Aktionen noch weiter in die Illegalität abgerutscht seien und
die
Minderheiten noch mehr bedrohen. Es ist vielmehr ein Vertuschen der
Ineffizienz der Polizei und des Justizsystems.
HABITAT ist zuständig für 3 Kategorien von Besitzansprüchen:
1. Der Verlust von Besitz nach März 1989 aufgrund von diskriminierender
Auslegung der Gesetze. Im Zuge der Entlassungen von Albanern verloren
diese auch das Recht auf Wohnungen/Häuser.
2. Zwischen 1989 und 99 wurde der Verkauf von Besitztümern zwischen
den
verschiedenen Volksgruppen verboten. Daraufhin fanden diese Verkäufe
illegal statt und ohne Dokumente.
3. Der Verlust von Besitz aufgrund illegaler Okkupation.
Im Dezember 2002 läuft die Frist aus um diese Besitzansprüche
geltend zu
machen.
Auch Personen, die in den letzten beiden Jahren ihren Besitz getauscht
haben (z.B. in Mitrovica), können sich diesen Tausch bei HABITAT
dokumentieren lassen.
HABITAT hat diese Rolle deshalb übernommen, weil den lokalen Gerichten
die notwendige Objektivität nicht zugetraut wird.
Dieses Katasteramt hat auch die Möglichkeit, leerstehende
Wohnungen/Häuser mit extrem Bedürftigen temporär zu
besetzen. Um alle
Mißverständnisse auszuräumen, dies kann nicht als Unterkunftsmöglichkeit
für Rückkehrer gezählt werden! Es gibt momentan kein
einziges
leerstehendes Haus und wenn es eines gibt, wird es sofort mit bereits
anwesenden bedürftigen Familien gefüllt.
Als bedürftig gilt nur, wer überhaupt keine Unterkunft besitzt.
Überfüllte Häuser gelten nicht als Kriterium.
Laut Herr Lewis ist der Bedarf sehr viel größer als das Angebot.
Auch die Idee der Sozialwohnungen fällt unter das Mandat von HABITAT.
Es
sei noch viel zu früh um darüber überhaupt zu sprechen,
meint Herr
Lewis, auch da die Besitzansprüche eventuell in Frage kommender
Häuser
noch nicht geklärt seien.
70 - 75.000 serbische Häuser sind in den letzten Jahren von ihren
Besitzern verlassen worden. Diese sind momentan alle besetzt. Die
meisten Serben verlangen nun von den Besetzern entweder die Häuser
zu
kaufen, wozu die meisten die finanziellen Mittel nicht besitzen, oder
die Häuser zu verlassen. Auch dies wird in Zukunft weiterhin zur
Wohnungsnot beitragen.
Kann jemand den Besitztitel einer Unterkunft beweisen, so werden die
Besetzer nach kurzer Zeit vor die Tür gesetzt.
Ein weiteres Problem ist Landbesitz. Schon jetzt sind die Ländereien
in
winzige Parzellen aufgeteilt, was zum einen der landwirtschaftlichen
Produktion abträglich ist und zum anderen dazu führt, daß
die Landflucht
die ohnehin überfüllten Städte weiterhin überschwemmt
und die
Wohnungsnot vergrößert.
Daniel Lewis zeigte sich sehr besorgt über die Wahrscheinlichkeit,
daß
eine erhebliche Anzahl von Flüchtlingen hierher zurückkehren
muß ohne
Wohnungs- oder Landbesitz. Dies wird das Problem der illegalen
Okkupation und Besitzansprüche nur verschlimmern. Bereits jetzt
rechnet
HABITAT mit 100.000 Anspruchsforderungen über die nächsten
Jahre.
6 - Pharmazeutische Situation
Täglich erhalten wir Anfragen über die Medikamentenversorgung
im Kosovo.
Deshalb finden Sie im Anhang die Essential Drug List vom Department
für
Gesundheit. Bei dieser Liste handelt es sich um Medikamente, die
prinzipiell kostenlos von Apotheken und Krankenhäusern ausgegeben
werden
sollten und deren regelmäßige Versorgung gewährleistet
ist.
Eine pharmazeutische Beraterin der WHO (Weltgesundheitsorganisation)
[Gespräch am 15.10.01, die betreffende Person bevorzugt es, anonym
zu
bleiben] zählte mir jedoch einige der Probleme und Fehler im System
auf:
- Die Lagerung: es gibt nicht genug Kühlvorrichtungen. Insulin,
z.B.
verliert dadurch an Wirkung
- Die Medikamente sind in ehemaligen Plätzchenfabriken und dergleichen
gelagert. Schmutz, keine Klimaanlagen, usw. Tragen zum Qualitätsverfall
der Medikamente bei (Tabletten müssen unter 25 Grad gelagert werden.
Im
Sommer steigen die Temperaturen auf bis zu 40 Grad im Kosovo).
Sieben solcher Lagerhallen sind über die ganze Provinz verstreut.
In
manchen Fällen bestand der Mietvertrag für solche Hallen
nur für 3
Monate. So müssen die Medikamente ständig transportiert werden,
sind
Temperaturschwankungen unterworfen, Verfallsdaten kommen durcheinander.
Zudem sind diese Transaktionen nicht zu überwachen.
- erst seit kurzem gibt es ein öffentliches Medikamenten Verzeichnis.
Es
gibt jedoch kein zentrales Büro, jedes Krankenhaus bestellt seine
eigenen Medikamente. Nach 2 Jahren kann noch immer niemand sagen, wie
viele Medikamente der Kosovo braucht. Es gibt keine Daten oder
Statistiken. Auch die spenden sind nirgendwo festgehalten.
- Spenden: noch immer werden gutgemeinte Medikamentensendungen in den
Kosovo geschickt. Oft handelt es sich dabei um abgelaufene oder halb
leere Packungen. Die Entsorgung von einem Kilogramm Medikamenten aber
kostet 0,80 DM.
Ein Beispiel: die KFOR brachte im September Riesenmengen an
Medikamenten, die alle 3 Woche später verfielen.
- Internationale Richtlinien werden nicht beachtet.
Das größte Problem aber ist die mangelnde Ausbildung der
Apotheker. Fast
kein Apotheker hat in den letzten 10 Jahren gearbeitet. Vor allem in
der
Medikamentenbeschaffung und -verwaltung gibt es kein qualifiziertes
Personal.
Es gibt keinerlei Übersicht von staatlicher Seite aus.
Die Ärzte im Kosovo hatten schon immer die Angewohnheit, alles
durch
Medikamente zu heilen. Ein Arzt, der keine Medizin verschreibt, gilt
als
suspekt. Anstatt nun freie Medikamente von der Essential Drug List
(EDL)
zu verordnen, verschreiben die meisten Ärzte die neuesten und
teuersten
Medikamente. Dies ist ein essentielles Problem für arme Menschen,
die
nicht beurteilen könne, ob auch ein Medikament von der EDL sie
heilen
könnte und so oft gar nichts tun, da sie sich diese teuren Mittel
nicht
leisten können.
Es gibt 52 öffentliche Apotheken im Kosovo und 6 Krankenhäuser
(Mitrovica eingeschlossen). Dazu gibt es hunderte von privaten
Apotheken, von denen fast die Hälfte in den letzten Monaten von
UNMIK
geschlossen wurden, da die sogenannten Apotheker über keinerlei
Ausbildung verfügten.
Fast alle diese illegalen Apotheken haben wieder geöffnet, denn:
Medikamente sind ein extrem lukratives Geschäft, in einer Gesellschaft,
in der kleinen Kindern Antibiotika gegen Schnupfen gegeben wird!
Der Staat scheint noch immer nicht die legalen Mittel zu haben, um gegen
solchen Mißbrauch vorzugehen.
Seit Anfang diesen Jahres hat die Weltgesundheitsorganisation nur noch
eine überwachende Funktion. Das Ergebnis ist, daß die EDL
nicht mehr
überarbeitet wurde, die Verwaltung des pharmazeutischen Sektors
katastrophal ist und Korruption und Mißbrauch blühen.
Die Kooperative der ehemaligen Staatsapotheken (KFK), die vormals nur
an
öffentliche Apotheken lieferte, hat seit Beginn des Jahres auch
kommerzielle Aktivitäten begonnen. Das Resultat ist, daß
nicht nur
kommerzielle Pharmazeutika, sondern auch Medikamente von der EDL
verkauft werden!
Aufgrund der mangelnden Ausbildung und Profitgier werden zusätzlich
oft
falsche Medikamente verkauft. Apotheker verkaufen einfach, was sie
im
Regal haben und nicht, was auf dem Rezept steht.
Diese üble Praxis ist deshalb möglich, weil auch in diesem
Sektor, wie
in privaten Firmen keine adäquate Buchhaltung durchgeführt
wird.
Staatsapotheken führen mittlerweile nur noch 10% Medikamente von
der EDL
in ihrem Angebot.
Zudem funktioniert die koordinierende Arbeit von KFK nicht und gefährdet
damit die Versorgung mit essentiellen Medikamenten.
Ein Beispiel für die Lukrativität dieses Sektors: ein Mitarbeiter
der
WHO bekam vor kurzem eine Stelle in einer öffentlichen Apotheke.
Sein
Gehalt: 4.500 DM bar auf die Hand.
Es war geplant war, daß alle öffentlichen Apotheken ihre
Gewinne in
einen Topf werfen und sie untereinander verteilen. Dieses System hat
bisher überhaupt nicht funktioniert und führt zu noch größerem
Mißbrauch.
Diese Aussagen sind schockierend und bestätigen einmal mehr, wie
wenig
die Verwaltung des Kosovo funktioniert. Opfer dieses Systems sind wie
immer die Ärmsten der Armen.
7 - Geistig behinderte Menschen
So vieles auch im Argen liegt, so sind doch in der Versorgung geistig
Behinderter einige Fortschritte zu verzeichnen, wenn auch nur
qualitativ.
Die guten Einsätze einiger NROs und der WHO scheitern letztendlich
am
Mangel an finanziellen Mitteln.
So sind die Kinder endlich aus dem Institut in Shtime herausgeholt
worden, doch ist ihre zukünftige Versorgung jetzt schon gefährdet.
Noch
immer hat Shtime eine Nicht- Aufnahme-Politik.
Auch die Ausbildung von psychiatrischen Pflegern, Schwestern und Ärzten
geht nur langsam voran - solche Ausbildungen dauern einfach Jahre.
Noch
immer gibt es keinen einzigen klinischen Psychologen im Kosovo.
In den großen Städten hat man angefangen, Zentren für
geistig Behinderte
zu öffnen, aber z.B. hat Gjakova eine Bevölkerung von 300.000
Menschen
mit einem Zentrum und einem Psychiater.
So wie Handikos, die lokale Partnerorganisation für Handicap
International für körperlich behinderte Menschen, gibt es
seit Anfang
des Jahres auch Menkos für geistig Behinderte. Ihre finanziellen
Mittel
sind limitiert, aber sie haben, wie eine dänische Hilfsorganisation
SIND
[Besuch des Zentrums 5.11.01, ein weiteres Zentrum von SIND gibt es
in
Mitrovica], Zentren für geistig Behinderte in Pristina geöffnet.
In diesen Zentren werden Aktivitäten für diese Menschen angeboten,
sie
unterstützt und ihre Potentiale für eine Integration ins
"normale" Leben
getestet.
Wo es vormals nur das Krankenhaus, das Hinterzimmer zu Hause und
Medikamente gab, versuchen diese Zentren mit Hilfe von psycho-sozialer
Arbeit zu helfen.
Die Patienten sind zwischen 18 und 65 und täglich besuchen 25
bis 30
Menschen das Zentrum von SIND. Leider sind damit die Möglichkeiten
von
SIND ausgeschöpft.
Nach Meinung von Linda Bregendorf von SIND benötigt allein Pristina
10
bis 15 solcher Zentren. Es gibt derzeit zwei.
WHO sucht derzeit nach Spendern für weitere solcher Zentren.
8 - Verschiedenes
Die Situation alleinerziehender Mütter
Die Situation alleinstehender Frauen oder alleinerziehender Mütter
behandle ich deshalb unter "Verschiedenes", weil ihre Lage sich nicht
geändert hat.
Noch immer gibt es weder Frauenhäuser, noch mehr als die 120 DM
Sozialhilfe für sie.
Selbst das Zentrum für den Schutz von Frauen und Kindern kann
weiterhin
nur psychologische Unterstützung anbieten.
Deutsche Reisedokumente
In einem meiner letzten Berichte wies ich auf die Möglichkeit hin,
daß
Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien mit einem deutschen
Reisedokument mittlerweile auch in ihr Herkunftsland reisen dürfen,
was
bis vor kurzem verboten war. Nun wurde ich darauf aufmerksam gemacht,
daß eine solche Reise dennoch zur Einleitung eines Widerrufsverfahrens
der Aufenthaltsgenehmigung führen kann.
Jugoslawische Reisepässe
Nur noch sehr wenige Kosovaren versuchen überhaupt, das Reisedokument
von UNMIK zu bekommen. Nicht nur ist es oft fehlerhaft (ein
Kosovarischer Student, der ein Stipendium für Deutschland hatte,
verpaßte aufgrund dessen das erste Semester; eine Frau, die zu
einer
Operation nach Holland mußte, konnte nicht ausreisen), sondern
es wird
auch von zu wenigen Ländern anerkannt.
Alle versuchen weiterhin, den jugoslawischen Paß zu bekommen.
Da die
meisten stundenlanges Warten vor der jugoslawischen Behörde und
monatelanges Warten auf die Pässe vermeiden wollen, gibt es eine
ganze
Reihe von Hintermännern, die von diesem sehr lukrativen Geschäft
profitieren. Ein Paß kostet normalerweise 50 DM, aber wenn man
ihn in
ein paar Tagen haben will, steigen die Preise auf bis zu 1.500 DM -
und
sind trotzdem oft gefälscht.
Zum Schluß möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß
ich noch keine
Auskünfte zur Situation in Serbien geben kann, da ich noch immer
kein
Visum habe und mich nicht auf Informationen von Dritten verlassen
möchte. Ich werde es Sie wissen lassen, sobald ich das erste mal
in
Serbien war.
Pristina, den 15. November 2001
Christina Kaiser
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