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Human Rights Violations against Non-albanian Kosovars

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Dritte Reise zu den Roma und Ashkalija des Kosovo

28.5.2000 bis 1.6.2000

Nicolaus v. Holtey, Schalomdiakon, Mitglied der Pax Christi Bewegung
 

Sonntag, 28.5.2000

Ich werde in Prishtina von den Ashkalija ... und ... und von Mike Poulshock, Menschenrechtsbeobachter einer amerikanischen Quäkerorganisation, in dessen Jeep abgeholt. Stürmische Begrüßung mit heftigen Umarmungen.
Mike Poulshock: In den Entführungsfällen von Sahare Pllavci und Xhemajl Qizmolli habe die UNMIK Polizei wenig unternommen. Sie habe keinen Kontakt mit der Bevölkerung und keine Informanten. Normale Polizeiarbeit sei von Informationen aus der Bevölkerung abhängig. Albaner gingen mit Informationen lieber zur TMK, die sie als ihre „Polizei“ betrachten. Die UNMiK-Polizei werde von der TMK nicht über ihre Erkenntnisse informiert.

Herr Tafil Huseini, Albaner, sitzt mit uns im Wohnzimmer von ... . Er berichtet von seinem Plan, zusammen mit einer Kommission der OSZE alle zerstörten Häuser der Stadt zu erfassen und Pläne für ihren Wiederaufbau zu erstellen. Nach seinem Plan sollen dabei auch zehn Ashkali-Häuser sein.
Später erzählen ..., ... und ... , daß sie zu diesem Plan kein Vertrauen haben. Bei aller menschlichen Qualitäten des Herrn Huseini sei er doch alleine. (Er sei übrigens von albanischen Extremisten schon mit dem Tode bedroht worden).

Brahim trägt eindrucksvolle Gedichte vor.

Seine Frau, die Krankenschwester Ferid ... , vor zwei Tagen am linken Auge operiert, ist eine wunderbare, starke Frau. Ihre Kinder sind in sehr gutem geistig-moralischem Zustand. Nach der Entführung von Xhemajl Qizmolli am 12.10.1999 aus dem Gebäude der Stadtverwaltung von Männern in Uniformen der TMK hatte sie ihre Arbeit als Krankenschwester in der Ambulanz aufgeben müssen: sie war direkt mit Entführung bedroht worden. Sie hatte es ohne Arbeit allerdings nicht zu Hause ausgehalten und geht wieder zur Arbeit.
Xhemajl Qizmolli ist bis heute nicht aufgefunden worden.

Montag 29.5.2000
Besichtigung des Wohnviertels der Roma, welches komplett zerstört ist.

Straße um Straße, Gasse um Gasse, jedes Haus ist unbewohnbar und nicht mehr aufzubauen. Viele Häuser sind mit Graffiti mit den Namen der Plünderer versehen: Ein Beispiel für viele:„UÇK - in Besitz genommen von Enver“) - viele Albaner haben sich auf diese Weise mit ihren Namen verewigt.

Auf meinem Weg durch die Ruinen einer einst blühenden Roma-Gemeinde treffe ich auf eine albanische Hochzeitsfeier in den notdürftig hergerichteten Resten eines Romahauses. Diese Familie stammt ganz offensichtlich aus Dörfern in den Bergen und verhält sich mir gegenüber sehr abweisend.

Bericht von Agim Kelmendi ... über die Zwischenfälle dieses Jahres:

Müll der Ashkalija werde nicht, wie regelmäßig bei den albanischen Nachbarn, vom Stadtreinigungsamt abgeholt. Sie müssen ihn selbst mit Traktoren entsorgen.

Die Abwasserkanalisation sei verstopft gewesen. Die nötige Reparatur sei nicht, wie in den Wohngegenden der Albaner, von der Stadtverwaltung ausgeführt worden. Die Ashkalija hätten die Reparatur mit bescheidenen Hilfsmitteln selbst durchführen müssen.

Die Beerdigung der Mutter von Avdush Qizmolli sei nicht, wie bei Albanern, von der Stadtverwaltung (Përparimi) vorgenommen worden. Die Ashkalija hätten den Sarg auf einem LKW zu ihrem Friedhof bringen müssen. Sie hätten eigenhändig das Grab ausheben müssen und die Verstorbene bestatten müssen.
Ein paar Tage später sei des Grab zerstört worden.

Der Friedhof der Ashkalija und der Roma werde zerstört. Die Grabsteine seien zerbrochen.

Bis heute können die Kinder der Ashkalija nicht ihre Schule besuchen, in die sie bis zum März 1999 gegangen waren. Die albanischen Eltern, vor allem die Neubürger aus den Bergen von Drenica und Skenderaj wollen sie dort nicht sehen, während die alteingesessenen Bürger von Vucitrn ihre traditionelle Toleranz nicht zeigen können.
Die „Wilden“ (malsor) mit ihrer Gewaltbereitschaft schüchtern auch heute noch die Bürger von Vucitrn ein.

Februar 2000
„Wir sind hier, um Menschen zu beschützen, nicht Häuser“ KFOR

Eines Tages im Februar hätten drei Albaner damit begonnen, drei Häuser in der ganz nahen Nachbarschaft von Agim Kelmendi abzureißen. Sie hätten zuerst die Dachziegel abgeräumt, danach die Holzkonstruktion der Dächer und zuletzt die Ziegel der Mauern. Als die Ziegel entfernt waren, seien die Häuser in sich zusammengebrochen.
Dieser Prozess habe zwei Wochen gedauert.
KFOR sei mehrere Male um Abhilfe gebeten worden. Den Ashkalija sei gesagt worden, KFOR sei im Kosovo, um Menschen zu beschützen und nicht Häuser.
Die Albaner hätten Spottlieder mit dem Inhalt gesungen, auch andere Häuser von „Zigeunern“ zu zerstören.
Die Materialien seien mit Traktoren in Anhängern und mit Pferdefuhrwerken abtransportiert und in der Stadt auf dem Markt verkauft worden.
Die Eigentümer der Häuser sind die Brüder Nevzat Berisha, Nehat Berisha und Nexhat Berisha, alle seit vielen Jahren in Deutschland.

Die Namen der Täter sind bekannt.
 

17.April 2000, 22:30 h.
Nachts werden von unbekannten Albanern von der Strasse aus Steine auf das Haus von Avdush Qizmolli geworfen. Es wird ihnen zugerufen:“Was wollt ihr hier, was wartet ihr, warum verlasst ihr nicht das Kosova? Es gibt hier keinen Platz für Zigeuner“.
Ein Sohn von Avdush ruft die Polizei per Telefon um Hilfe, der albanische Dolmetscher sagt aber, sie müssen persönlich erscheinen und Anzeige erstatten. Dieser antwortet, wie könne er das machen, wenn es für ihn nachts keine Sicherheit in der Stadt gebe? Niemand von der Polizei kam. Hat der Dolmetscher korrekt der Polizei berichtet?
 

19.April 2000 1:30 h.
Es wurde ein Loch in die Mauer des Stalles von Abdush gebrochen. Der Stall liegt direkt an der Strasse. Eine der Söhne hält stets Wache, so konnten die Geräusche gehört werden. Er rief seine Brüder zu Hilfe, worauf die Einbrecher mehrere Schüsse aus Pistolen abfeuerten. Ein Sohn von Avdush rief per Telefon die Polizei und zur gleichen Zeit kamen arabische Soldaten. Wenig später kam auch die Polizei. Die Soldaten glaubten ihnen nicht und gingen in den Hof und untersuchten das Haus von Galip Qizmolli nach Waffen. Er selbst habe das Ganze vorgetäuscht, beschuldigen ihn die Soldaten. Es wurden keine Waffen gefunden. Etwa 20 Minuten danach traf die Polizei ein und nahm den Fall auf.
Untersuchungsergebnisse wurden nicht bekannt.

2.Mai 2000, 21:45 h.
Mit Benzin getränktes Papier wird über die Mauer auf das Heu der Kühe geworfen. Da es regnete, war des Feuer nicht so groß. Die Hunde bellten, die Söhne von Avdush kamen und löschten das Feuer

4.Mai 2000 22:50 h.
Der Anschlag auf das Haus von Bajram Zymberi:

Die Ashkali-Familien Fazli Berisha und Shefqet N.N, Flüchtlinge aus Vucitrn in Novi Sad, seien zwei Tage zuvor nach Vucitrn zurückgekehrt und wollten in ihr eigenes Haus wieder einziehen. Dieses sei von einer albanischen Familie besetzt, die sich auszuziehen weigerte.
Sie seien von Bajram Zymeri in seinem Haus aufgenommen worden.
Am Nachmittag desselben Tages kommen zwei (oder drei?) Männer zum Haus von Bajram Zymeri und machen den zurückgekehrten Familien klar, daß im Kosovo kein Platz mehr für sie sei. Sie sollten schleunigst wieder dorthin zurückkehren, woher sie gekommen seien. Man wolle hier keine „Zigeuner“ mehr sehen.

Bajram Zymeri war früher im Jahr mit den KFOR-Truppen der Vereinigten Arabischen Emirate zum Hadsch nach Mekka geflogen.

Während Bajram betete, sei eine Handgranate im Hof seines Hauses explodiert.
Von der Explosion alarmiert, rannte ... zu diesem Haus. Zwei Pistolenschüs-se wurden auf ihn abgefeuert und danach mehrere MP Salven.
Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Fensterscheiben wurden zerstört.

Fünf Minuten später kamen KFOR Soldaten auf den Hof des Hauses. Etwas später die Polizei. Drei Polizisten hätten Bajram Zymeri befragt.
Die Polizei habe nach Spuren gesucht. KFOR habe Videoaufnahmen gemacht.

Den Ashkalija sind die Namen der Attentäter bekannt, sie geben sie aber aus Angst vor Racheakten der Albaner nicht der UNMiK-Polizei preis.

Dieses Attentat wird als Aufforderung verstanden, die Stadt wieder zu verlassen, und als Warnung an Rückkehrwillige. Beide Familien haben dann auch Vucitrn verlassen.
 

Dienstag,30.5.2000

Abfahrt nach Klina mit ... in seinem Auto, ...  als Dolmetscher und   als Wegekundigem.

Im Dorf Budisalc der Großgemeinde Klina besuchen wir die Schule „Nëna Tereza“. Ich spreche mit dem Stellvertreter des Direktors und mit dem Lehrer Palush Rrapi.
Die Bevölkerung von Budisalc sind fast ganz ausschließlich römisch-katholische Albaner und in der Großgemeinde Klina stellen die Katholiken eine erhebliche Minderheit unter den moslemischen Albanern dar.

Der Einzugsbereich der Schule sind Budisalc selbst und die Dörfer Rudica, Stup und Krushevë. Unter den 210 Schülern befinden sich ungefähr 30 Ashkalikinder.
Ich habe eine Klasse mit kleinen Kindern gesehen, unter denen Ashkalikinder saßen. In dieser Schule gibt ein Ashkali, Bajram Nimani, Unterricht in Geschichte und Geographie.
Ein Ashkali ist Hausmeister.

Hilfe erhält die Schule von italienischen Organisationen der katholischen Kirche. Sie haben das Inventar für die Schule besorgt.

Ein großes Problem sind die immer noch fehlenden Schulbücher.
Die Schule wird gerade mit Hilfe einer italienischen Organisation „InterSOS“ renoviert.

Als Lehrer sind in den Schulen der Dörfer Jashanica Halil Dauti, Werkunterricht, und in Grabanica Qerim, Familienname unbekannt, als Lehrer angestellt, beide Ashkalija.

In Klina ist der Ashkali Musli Ferizaj als Pädagoge in der Schule „Motra të Çirijazi“ angestellt. Er arbeitet direkt mit dem Direktor zusammen und ist für den Stundenplan verantwortlich.

Die Situation sei momentan etwas besser geworden, berichtet Herr Ferizaj. Vor zwei Monaten habe es Angriffe albanischer Extremisten mit Morddrohungen, Zerstörung von Häusern und einem enormen Vertreibungsdruck wie direkt nach dem Einmarsch der UÇK vor einem Jahr gegeben. Die Katholiken Marijan Coli und Pjetër Coli sollen viel dazu beigetragen haben, daß diese Zustände fürs Erste ein Ende gefunden haben. Wie lange aber dieser Frieden anhalte, wage niemand vorauszusagen.
Es seien vor allem Leute aus dem Gebiet von  Drenica, die die letzten verbliebenen Ashkalija vertreiben wollten.
(Drenica ist die ideologische Heimat der UÇK und der faschistischen Ballisten. Hier sind die Führer der UÇK, Thaçi und Ceku zu Hause.)

Herr Ferizaj habe sich mit seiner Frau nach dem Krieg sechs Monate in einem Keller bei Nachbarn versteckt gehalten, um nicht der UÇK und anderen albanischen Extremisten in die Hände zu fallen.

Herr Ferizaj kann nicht nach Prishtina fahren. Das Risiko schwerer Mißhandlungen sei zu groß. Der dunkle Teint verrät ihn als „Zigeuner“.

Ein Ashkali-Ehepaar mit dunklem Teint habe die Klinik in Prishtina aufsuchen müssen. Im Gebäude der Klinik, in der es stets von Menschen wimmelt, seien sie von drei albanischen Männern unter Androhung von Gewalt festgenommen und zum Parkplatz in ein sechssitziges Auto geführt worden. Die Männer seien mit unbekanntem Ziel durch Prishtina gefahren, als die festgenommene Frau heftig auf den Fahrer eingeschlagen habe und es zu einem Unfall mit einem anderen Auto kam. Die Albaner verließen das Auto und flüchteten.
KFOR-Soldaten waren sofort zur Stelle und kümmerten sich um die beiden Ashkalija und sorgten für eine sichere Heimfahrt.

Aus einer kleinen Gruppe von Ashkalischulkindern sei ein dunkelfarbiges Kind in Klina von einem Albaner zum in der Nähe liegenden Fluß verschleppt und hineingeworfen worden. Bei der Befragung durch KFOR-Soldaten habe der Albaner erklärt, dieses Kind, das er persönlich nicht kannte, habe nichts in Klina zu suchen. (Siehe auch: UNHCR/OSCE „Update on the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo - Period covering February through May 2000“ vom 30.5.2000).

Die Ashkalija von Klina und Umgebung besitzen eine stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit. Auf der Straße außerhalb ihres Wohnviertels gebe es immer wieder Belästigungen. Jederzeit kön-ne ein ernster Zwischenfall geschehen, auch wenn die Angriffe extremistischer Albaner vom März mit Brandstiftungen und sogar Morden im April nach massiver Intervention der KFOR eingestellt wor-den waren.

Je dunkler der Teint, desto größer die Wahrscheinlichkeit von Übergriffen.
In Sicherheit fühle sich auch heute niemand.
Für eine Rückkehr von Roma und Ashkalija sei es noch zu früh wegen der fehlenden Sicherheit.
Eine verfrühte Rückführung von Roma und Ashkalija werde die noch immer nicht entspannte Lage nur verschärfen.

In Klina gebe es keine Roma mehr.

15 Ashkalikinder gingen in die Grundschule und 4 oder 5 in das Gymnasium.
Die realen Lebensbedingungen, der Mangel an Geld und Angst vor Zwischenfällen hielten die meisten Ashkalieltern davon ab, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Dieses betreffe vor allem die Mädchen angesichts der häufigen Entführungen.

Auf dem Rückweg nach Vuçitrn besuchen wir das Auffanglager von Plemetina. Entsetzliche Verwahrlosung und offensichtliches Alleinlassen der Roma und Ashkalija stelle ich fest. Die Lebensmittelrationen sind auf die Hälfte gekürzt worden.
Eine aus dem Romaflüchtlingslager bei Struga in Mazedonien zurückgekehrte Familie, der der UNHCR zum Anreiz für die Rückkehr in das Kosovo Geld gegeben hatte, war nach kurzem Aufenthalt in ihrem Heimatort, wo sie massiv bedroht worden waren, in das Lager Plemetina geflüchtet. Sie erhalten keine humanitäre Hilfe. Eine Begründung konnte mir die Familie nicht geben.
... , ... und ... treffen eine Familie aus Vucitrn.

Meine Freunde weinen im Auto auf dem Weg nach Hause.

Dienstag,31.5.2000
Abfahrt nach X.X.

Ich suche N.N. auf und bitte ihn um einen Termin für ein Gespräch mit seinem Vater, Polizeioffi-zier während der Zeit der Autonomie.
Er erklärt mir, daß die Situation für seinen Vater gefährlicher sei, als im November, als ich ihn zuletzt gesehen hatte. Er bittet mich, auf ein Gespräch mit seinem Vater zu verzichten. Zwei Ex-Polizisten seien in der letzten Zeit ermordet worden. Man wisse nicht, wer auf der Liste stehe, und wann auf seinen Vater geschossen werde. Der Vater werde 24 Stunden lang überwacht. Es sei gefährlich für seinen Vater, mit Personen, die mit Roma Kontakt hätten, in Zusammenhang gebracht zu werden. Er sei aber von seinem Vater über alles, was politisch wichtig sei, informiert worden.
Von der Entführung des Rom N.N. und seinem Schicksal könne er nichts berichten, er wisse gar nichts, und alle üblichen Kontakte hätten nicht zu Informationen geführt.

Wenn es früher geheime Gefängnisse gegeben habe, so könne man davon ausgehen, daß es jetzt keine mehr gebe.

Das Telefon der Familie werde mit Sicherheit abgehört.

Normale Polizeiarbeit sei derzeit im Kosovo nicht zu finden.
Die UNMIK-Polizei sei ohne Kontakt zur Bevölkerung. Sie erhalte keine Informationen aus der Bevölkerung. Es gebe kein Informationsnetz, wie es für normale Polizeiarbeit nötig sei. Albaner geben in der großen Mehrheit der Fälle ihre Beobachtungen an die TMK weiter, die offiziell keine Polizeiaufgaben wahrnehmen darf, aber als Nachfolgerin der früheren UÇK diese Aufgabe ausübt und von der Bevölkerung als Polizei in Anspruch genommen wird. Die TMK gebe aber kaum wesentliche Informationen an die UNMiK-Polizei weiter.
Er frage sich, ob die UNO-Verwaltung wirklich im Besitz der Macht sei.

Fahrt nach Ferizaj
Mit Hilfe eines Ashkali, der in der Hilfsorganisation CARE arbeitet, werde ich zu Sabit Rahmani geführt, Vorsitzender des Vereins „Ashkali Shqiptar e Kosovës“ („Albanische Ashkalija des Kosovo“), seit 30.Mai 2000 als politische Partei im Kosovo eingeschrieben. Ich berichte ihm von den Streitigkeiten in Deutschland zwischen den Ashkalija, den Ägyptern und den Roma. Er empfiehlt mir, in Deutschland Kontakt mit Bajram Uka aufzunehmen, dieser sei ein moderater, umgänglicher Mensch.
Frage: In Deutschland fühlen sich viele Ashkalija unwohl mit dem Namen des Vereins und würden sich lieber als „Ashkalija des Kosovo“ bezeichnen. Warum dieser Name und die Verwendung des albanischen Wappens?
Antwort: „Nur auf diese Weise können wir den Albanern näherbringen, daß wir nicht Fremde im Kosovo sind, sondern wie die Albaner zu diesem Land gehören. Wir haben nur die albanische Sprache und haben kein andres Land, in das wir uns zurückziehen können, wie die Serben.

Nur auf diese Weise können wir zeigen, daß wir Teil der albanischen Kultur des Kosovo sind. Später, wenn die Situation sich normalisiert hat, wird, kann man über den Namen und das Wappen diskutieren.
Die Lebensbedingungen können wir auf diese Weise erleichtern und Schutz vor albanischen Angriffen erreichen. Ashkalija und Roma sind in einem ganz außerordentlichen Ausmaß in einer Position der Schwäche.“

Roma und Ägypter könnten sich aber unter den Schutz von „Ashkali Shqiptar“ stellen. Gegenwärtig seien sie die einzigen unter Ashkalija, Ägyptern und Roma, die Zugang zu albanischen Politikern und den Medien hätten.

Würde in der derzeitigen Lage von den Ashkalija im Kosovo eine öffentliche Debatte über die Schuld von Albanern bei der Verfolgung und Vertreibung geführt, würde dies unweigerlich zu einer erheblichen Verschärfung der schon angespannten Lage führen.
Der Ministerpräsident der Republik Albanien, Mejdani, habe bei seinem Besuch im Kosovo Sabit Rahmani empfangen. Dies geschah ausdrücklich auf Grund des Namens „Albanische Ashkali“ und der Verwendung des albanischen Wappens.

Frage: Entspricht es den Tatsachen, daß „Ashkali .Shqiptar“ Propaganda gegen Roma betreibt und diese ausgrenzt?
A.: Nein, er habe keine Vorbehalte gegen Roma. Ashkalija und Roma teilten schließlich dasselbe Schicksal und hätten dieselbe dunkle Hautfarbe.

F.: In Berichten internationaler Organisationen wird Ferizaj als eine Stadt mit Bewegungsfreiheit für Roma und Ashkalija dargestellt. Können Sie dieses bestätigen?
A.: Es herrscht noch keine wirkliche Bewegungsfreiheit. Die Gefahr von Übergriffen ist immer noch vorhanden. Die psychischen Folgen der Pogrome und der lang anhaltenden Blockade der En-klaven, in denen Roma und Ashkalija leben mußten, sind enorm. Selbst Kinder fühlten sich wegen ihrer dunklen Hautfarbe schuldig. Unter diesem psychischen Druck und der immer noch vorhande-nen Möglichkeit, Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen zu werden, verlassen viele Ashkali-ja, Roma und Ägypter nicht ihr Wohnviertel.
Im Übrigen hat Ferizaj vor drei Tagen eine neue Welle von Gewalttätigkeit in der Mahalla „Ha-liti Ibishi“ erlebt.

F.: Wer ist die Zielgruppe, für die Sie sich einsetzen?
A.: „Wir möchten erreichen, daß wir für die Gesamtheit der bedrohten Minderheiten sprechen, also für Ashkalija ebenso wie für Ägypter und Roma.“
F.: Wie schätzen Sie die Sicherheitslage ein?
A.: „Im Augenblick erleben wir eine deutliche Verschärfung. Der Vertreibungsdruck ist wieder sehr stark geworden. Nach einer längeren Periode von massiven Belästigungen sind vor drei Tagen in der Mahalla Haliti Ibishi wieder Häuser in Brand gesteckt, Handgranaten auf die Häuser geworfen , es wurde geschossen und auf die Bewohner Druck ausgeübt ausgeübt, das Land schleunigst zu verlassen. Seit KFOR-Truppen das Viertel abschirmten, ist Ruhe eingekehrt.“

Albaner übten Druck auf Ashkalija und Roma aus, ihre Häuser zu Schleuderpreisen zu verkaufen.
Arbeit gebe es nur bei den Internationalen Behörden.
KROR wurde um mehr Sicherheit gebeten.
Die humanitäre Hilfe sei fast eingestellt. Als Ursache wird die Mitarbeit von Albanern genannt, die gegen „Zigeuner“ eingestellt seien.

Hyzdri Asani ist der Kassenwart von „Ashkali Shqiptar“. Mit ihm soll ich Kontakt aufnehmen, wenn Sabit nicht in Ferizaj erreichbar sei.

Plemetina. Das Auffanglager für Roma und Ashkalija macht einen verheerenden Eindruck.
Meine Freunde suchen einen jungen Mann auf, der in der Stadtreinigung von Vucitrn seit vielen Jahren angestellt war. Während des Krieges habe er auch Opfer von Massakern der Serben beerdigen müssen. Er ist jetzt 28 Jahre alt, hat drei Kinder und seine Frau ist hochschwanger. Er wird von Albanern der Teilnahme an den serbischen Gräueltaten bezichtigt. Vor einigen Wochen sei er von der UNMIK-Kriminalpolizei in Begleitung eines albanischen Dolmetschers aufgesucht worden, die ihn nach den Orten der Beerdigungen von Opfern von Massakern fragten. Er könne beruhigt sein und brauche sich nichts vorzuwerfen, Tote müßten schließlich beerdigt werden hätten ihm die Polizisten erklärt.
Die Ashkalija von Vucitrn schenken ihm DM 100.-, damit er die unzureichenden Lebensmittelratio-nen durch Einkauf bei Serben ergänzen kann.

Zurück in Vucitrn
Paul Polanski (Gesellschaft für bedrohte Völker) und sein Dolmetscher Hisen besuchen mich. Polanski berichtet, er habe Informationen von einem Massengrab mit vielen ermordeten Roma in der Nähe von Drenica, alle von sehr dunklem Teint. Er habe einen Rom getroffen, der seiner Ermordung an diesem Massengrab entkommen sei. OSCE sei informiert und er habe den entsprechenden OSZE-Bericht in Händen gehalten. Das Datum konnte er nicht nennen.

... und  17 jähriger Sohn ... , der einen Job im arabischen Krankenhaus als Dolmetscher hat, mußte bei einer Notoperation auf einem Feld assistieren. Ein Serbe war von zwei Schüssen mit großem Kaliber in der Herzgegend verletzt worden.  ist tief erschüttert.

... berichtet, er sei zwei Frauen mit ihren Kindern begegnet, die offensichtlich aus der Gegend von Drenica stammten. Sie hätten, als sie ihn erblickten, voller Erstaunen ausgerufen: „Guck mal da, ein Zigeuner! Uns wurde doch gesagt, die sind alle weg!“
 

Donnerstag, 1. Juni 2000

7:00 h Ein Ashkali mit hellem Teint und ich machen Fotos von zerstörten Häusern als Beweismittel in Asylverfahren in Deutschland.

Abfahrt mit Polanski nach Vrela in der Nähe des Flughafens Zlatina.
Mein dritter Besuch der Familien Avdullahi und Osmani, Flüchtlinge aus Magura, derzeit im Dorf Vrela:
Bei meinem letzten Besuch im November 1999 hatten Isuf Avdullahi und Sami Osmani noch gesagt, ihr sehnlichster Wunsch sei, in ihr Heimatdorf Magura zurückkehren zu können. Jetzt wollte er nur noch in ein drittes Land ausreisen. Er habe keine Hoffnung auf eine Änderung der Einstellung der Albaner.
Sie würden ständig massiv belästigt und könnten die Enklave nicht verlassen. Derzeit seien sie 150 Flüchtlinge aus Magura.
Die einzige Verbesserung ihrer Situation sei, daß sie die humanitären Hilfsleistungen nicht mehr im albanischen Dorf abholen müßten, sondern daß diese direkt zu ihnen gebracht werden. So seien sie nicht mehr den Beleidigungen und Mißhandlungen albanischer Extremisten des Dorfes ausgesetzt.

Der im September 1999 entführte Islam Kadriu sei bis heute nicht aufgefunden worden

Die humanitäre Hilfe sei um die Hälfte reduziert. Hygieneartikel seien nicht dabei. Einkaufen könne nur die einzige Person mit weißer Hautfarbe, sie hätten aber kein Geld mehr.

Die Ashkalibauern aus dem Dorf Vrela selbst erhielten gar keine Aufbauhilfe, wie die Albaner, obwohl ihre Häuser durch NATO-Raketen zerstört worden seien.

Bei einer Versammlung mit Albanern und Ashkalija am 16.5.2000, angeregt vom Benediktinerpater Helmreich, hätten die Albaner von Magura erklärt, eine Rückkehr der Ashkalija sei ausgeschlossen. Die Stimmung unter den Albanern soll nach Auskunft des Paters feindselig gewesen sein.

Pater Helmreich habe eine neue Versammlung zu diesem Thema am 16.6.2000 angeregt.

Pläne, mit der albanischen Bevölkerung von Magura über die Rückkehr von zunächst 13 Ashkalifa-milien zu verhandeln, finden die Flüchtlinge in Vrela nicht so gut. Sie fühlten sich nur sicher unter Albanern, wenn sie in einer größeren Zahl zusammen in Magura wohnen könnten. Sie könnten sich auch vorstellen, gemeinsam mit vielen anderen Ashkalija nach Magura zurückzukehren und erst einmal in Zelten zu wohnen und schrittweise ihre Häuser wiederaufzubauen.
Eine deutsche Firma renoviere die Strassen. Ob auch Ashkalija dort Arbeit finden könnten?

Abflug Zlatina 15:45 h.
 
 
 
 

Auswertung

Mangel an Sicherheit, Bewegungsfreiheit und Unmöglichkeit der Teilnahme am öffentlichen Leben kennzeichnen nach wie vor die Lage der Minderheit der Roma. Ashkalija und Kosovoägypter.

Sicherheit

Gleichzeitig zur Etablierung eines Dialoges im Frühling 2000 zwischen Führern der Albaner mit Führern der Roma, Ashkalija und Kosovoägyptern und der Nominierung eines Vertreters der Roma in der provisorischen Übergangsregierung einerseits häuften sich andererseits die Akte von gewalttätigen Angriffen, schweren Belästigungen, Raub, Mord und Zerstörung von Häusern der Roma, Ashkalija und Kosovoägyptern. Es wurden auch wieder Fälle von Entführungen gemeldet, ohne daß die Entführer Forderungen angemeldet hätten. Die Entführten bleiben verschwunden.

Ganz besonders sind Menschen mit dunkler Hautfarbe gefährdet und unter ihnen vor allem Roma, deren Muttersprache nicht Albanisch ist. Vor allem sie sind Opfer von Mißhandlungen und Entführungen geworden.

Niemand könne voraussagen, wie lange dieser Zustand anhalten werde. Der Wechsel von Phasen heftiger Gewalttätigkeit albanischer Extremisten mit längeren Phasen der Ruhe zermürbt die Menschen und erschüttert das Vertrauen in das Vermögen der Internationalen Gemeinschaft, eine zivile Gesellschaft für alle wiederherzustellen.
Das relative Gefühl von Sicherheit am Tag schwindet in der Nacht. Angehörige der Minderheiten sind sich bewußt, daß KFOR nicht jedes einzelne Haus schützen könne.

Fehlende Bewegungsfreiheit
ist neben der fehlenden Sicherheit ein Problem, das den Roma und Ashkalija das Leben sehr schwer macht. Viele Menschen dieser Minderheit haben seit vielen Monaten ihr enges Wohnviertel nicht verlassen können, manche nicht einmal ihr Haus. Mit dunklem oder sehr dunklem Teint können sie die Enklave nur unter militärischem Schutz verlassen und sie müssen triftige Gründe für eine Begleitung durch KFOR angeben können.

Freie Fahrt im Kosovo ist nur für Ashkalija und Roma möglich, die von hellem Teint sind, in der albanischen Bevölkerung nicht auffallen und Albanisch ohne den charakteristischen Akzent sprechen können.

Die Hauptstadt Prishtina wird von Angehörigen der Minderheiten gemieden. In den zwölf Monaten der Freiheit des Kosovo sind viele Roma, Ashkalija, Türken und Serben massiv belästigt, mißhandelt, verschleppt und ermordet worden.

In Vucitrn sind nur Ashkalija mit einem hellen Teint außerhalb der Häuser in ihrer von KFOR geschützten Enklave zu sehen. Einkäufe und Behördengänge werden nur in kleineren Gruppen unternommen, um auf diese Weise vor Angriffen geschützt zu sein. Familienmitglieder oder Nachbarn mit hellem Teint halten den Kontakt zur Außenwelt.

Öffentliche Dienste
Roma und Ashkalija besitzen keinen ungeteilten Zugang zu den öffentlichen Diensten. In sehr vielen Gemeinden werden sie, so sie den Weg in die Rathäuser geschafft haben, nicht bedient.
Sie sind dort von Müllabfuhr, notwendigen Reparaturen der öffentlichen Versorgungssysteme, Beerdigung und Schule ausgeschlossen.
Dunkelhäutig, werden sie in Bussen belästigt.

Schule
Sehr selten sind die Beispiele wie die einiger Dörfer der Großgemeinde Klina, in denen Ashkalikinder mit albanischen Kindern gemeinsam die Schule besuchen.
Angebote, Kinder unter militärischem Schutz gegen den Willen der albanischen Eltern in ihre Schule zu begleiten, werden von den Roma und Ashkalija selten angenommen.

Arbeit
An die alten Arbeitsplätze zurückkehren zu dürfen ist ein unerfüllbarer Traum für Roma und Ashkalija.
Arbeitsplätze werden von Kadern der ehemaligen UÇK vergeben, die entscheidende Positionen in den Stadt- und Gemeindeverwaltungen usurpiert haben. Die faktische Einstellung dieser Personen, eingebunden in die tatsächlichen Machtstrukturen im Kosovo, ist in aller Regel Roma und Ashkalija gegenüber feindselig. Kein Rom oder Ashkali findet unter diesen Umständen Arbeit.

Eine selbständige Arbeit ist wegen der fehlenden Sicherheit und der fehlenden Freiheit der Bewegung ausgeschlossen.

Staatliche Gewalt
Angesichts der fehlenden Bereitschaft der albanischen Bevölkerung, mit der UNMiK Verwaltung vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, muß die Frage gestellt werden, in wessen Händen sich die tatsächliche Staatsgewalt befindet.
Albanische Machtstrukturen wie TMK unterlaufen gewohnheitsmäßig alle Abkommen und Verträge und setzen sich gegenüber der UNMiK durch.
Albaner sehen in der UNO Verwaltung eine erneute Fremdherrschaft; ihre Erfahrung im Umgang mit Fremdherrschaften haben sie zur Genüge bewiesen.
Die TMK verhält sich wie eine Polizei, die an der UNMiK Polizei vorbei arbeitet.
Die Verknüpfung mit maffiösen Strukturen ist offensichtlich.

Empfehlungen
 


Heidelberg, 21.6.2000

Nicolaus v. Holtey, Schalomdiakon, Mitglied der Pax Christi Bewegung

02.03.2000
na000302.htm
Zwei Reisen zur Erkundung der Lage derAshkali und Roma im Kosovo
Erste Reise von 01.09.1999 bis 12.09.1999 „Shqiptar i dorës së dytë„
Zweite Reise von 29.10.1999 bis 15.11.1999 Vierzehn Tage Augenzeuge in einer eingeschlossenen und bedrohten Enklave der Ashkalija
Heidelberg, 22.2.2000
Nicolaus v. Holtey, Schalomdiakon, Mitglied der Pax Christi Bewegung


 
09.09.1999 
back357.htm
KOSOVO: MASS EXPULSION OF ROMA IN LIBERATED KOSOVO IS BIGGEST CRIME AGAINST EUROPEAN ROMA PEOPLE SINCE NAZI HOLOCAUST 
The Society for Threatened Peoples Publishes a 100 Page Documentation on the Mass Expulsion of Roma and Ashkali from Kosovo 
Germany´s Famous Writer Guenter Grass supports the Society's Demands 
Goettingen, 9. September 1999
       UNHCR/OSCE
Update on the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo
 (Period covering February through May 2000)
June 2000 (PDF format)
 http://www.osce.org/kosovo/publications/ethnic_minorities/minorities5.PDF

 
       UNHCR
Assessment of the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo 
 (Period covering November 1999 through January 2000)
http://www.osce.org/kosovo/publications/ethnic_minorities/minorities4.htm

 
       UNHCR/OSCE
      Overview of the Situation of Ethnic Minorities in Kosovo
                                       3 November 1999
http://www.osce.org/kosovo/publications/ethnic_minorities/minorities3.htm
      Second Assessment of the
       Situation of Ethnic Minorities in Kosovo
6 September 1999
http://www.osce.org/kosovo/publications/ethnic_minorities/minorities2.htm


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Seite geändert am 04.03.2000